Nicht immer sind Bettler die Hilfsbedürftigen, für die sie sich ausgeben Foto: dpa

Betteln an sich ist nichts Verwerfliches: Jedem Menschen ist es selbst überlassen, einem Bettler etwas zu geben – oder auch nicht. Die Auswüchse zu bekämpfen, ist allerdings sinnvoll, findet unser Autor Jürgen Bock.

Stuttgart - Bald beginnt die Adventszeit. Süßer die Glocken nie klingen – genauso wie das Klimpern in den Gefäßen der vielen Menschen, die dann in den Innenstädten um Geld bitten. Oft sind es keine Hilfe-bedürftigen aus der Gegend, sondern Betteltouristen von überall her, die aus dem Gefühl der Barmherzigkeit vor Weihnachten Gewinn schöpfen wollen. Alle Jahre wieder.

Nun ist Betteln nichts Verwerfliches. Und auch nichts Verbotenes, solange sich die Betroffenen an bestimmte Regeln halten. Wer sich auf die Straße setzt, gibt einen großen Teil seiner Würde preis. Auch, wenn er dazu aus dem Ausland einreist. Selbst dann, wenn er womöglich zu einer Gruppe gehört, bei der am Ende einer die anderen abkassiert. Ob und wen man unterstützen möchte, muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden.

Es ist aber richtig, wenn Polizei und Ordnungsamt gegen Auswüchse rigoros vorgehen. Wenn mit Kindern oder kranken Tieren Kasse gemacht wird. Wenn Verstümmelungen oder aggressive Ansprache Passanten unter Druck setzen sollen. Und ganz besonders, wenn Bettler zu Betrügern werden, indem sie eine Behinderung vortäuschen oder Lügen von Kinderheimen verbreiten. Solche Kriminelle schädigen nicht nur die Spender, sondern auch andere Bedürftige. Denen fehlt vielleicht genau dieses Geld.

Alles können die Behörden aber nicht regeln. Deshalb ist es noch immer am besten, sich nicht vom schlechten Gewissen leiten zu lassen, sondern den Kopf einzuschalten: Wer wirklich für wohltätige Zwecke sammelt, spricht in der Regel die Leute nicht auf Parkplätzen am Auto an. Er bedrängt sie nicht. Und kann sich ausweisen. Spenden ist wichtig. Man muss nur darauf achten, an wen.

juergen.bock@stuttgarter-nachrichten.de