Das Land bekennt sich eindeutig zum Bahnprojekt S21, sagt Christoph Reisinger.  

Am Ende doch klar. Das ist das alles überstrahlende Ergebnis der Volksabstimmung über den Ausstieg des Landes aus dem Bahnprojekt Stuttgart21. Weiterbauen haben die Baden-Württemberger beschlossen. Mit einer Mehrheit von knapp 18 Prozentpunkten. Einem Quorum, das keine Fragen offenlässt und für Demokraten keinen Interpretationsspielraum.

Dem Ergebnis wohnt umso größere Autorität inne, als die Wahlbeteiligung mit landesweit 48,3 Prozent der Berechtigten sensationell hoch lag. Dass selbst in ländlichen Kreisen südlich der Alb rund die Hälfte der Berechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch machte, zeugt von einer Mobilisierungskraft der organisierten Projektbefürworter wie auch -gegner, mit der so nicht zu rechnen war. Alle Achtung gebührt ihrem bürgerschaftlichen Engagement. In dieser Beteiligung findet es eindrucksvollen Widerhall.

Ergebnis verlangt eine Wende ab

Im Ergebnis des Referendums steckt der Auftrag an Politik und Bahn: S21 soll Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart ohne weiteren Zeitverzug und zu klar berechenbaren Kosten genau jenen Modernisierungsschub verschaffen, den die Planer stets verheißen haben. Das zwingt die Gegner zum Umdenken, die Bahn zu maximaler Redlichkeit.

Speziell den Grünen verlangt das Ergebnis eine Wende ab. Ihre Positionierung als S-21-Verhinderungskraft trägt nicht mehr. Als größte Regierungspartei mehr denn je in der Verantwortung für das Gelingen dieses Projekts, brauchen die Grünen einen radikal anderen Zugang dazu. Was mit Ministern wie dem Antiaktivisten Winfried Hermann nicht einfach wird. Und was sie zweifellos in Widerspruch zu manchem Wahlversprechen und zu einem Teil ihrer Wähler bringen wird. Doch da gilt: nur Mut und klare Kante jetzt. Auch enttäuschte Wähler wissen wohl zu unterscheiden zwischen dem, was eine Partei einst wollte, und dem, was ihr angesichts der Mehrheitsverhältnisse als Regierungshandeln möglich ist.

Triumphale Gesten verständlich

Die SPD als S-21-freundliche Juniorpartnerin der Koalition und Mutter des Referendums sieht sich bestätigt. Sollte das Ergebnis vor allem in der Landeshauptstadt die erhoffte Befriedung bringen, dann ist das wesentlich ihr Verdienst.

Triumphale Gesten aus CDU und FDP sind verständlich angesichts des Resultats. Hat doch nicht zuletzt die extreme Politisierung des Themas S21 durch die Grünen wesentlich zum Machtverlust für Schwarz-Gelb beigetragen. Die abschließende Klärung der S-21-Frage ist aber nicht CDU und FDP gelungen, sondern Grün-Rot. Durch Volkes Stimme. Durch ein Ja zum neuen Stuttgarter Bahnhof, das sich mancher Wegbereiter dieses Referendums wohl in seinen schlimmsten Träumen nicht ausgemalt hat.