Kulturbühne mitten im Wald: Die Besucher haben den Auftritt von Frank Fischer genossen. Foto: Horst Rudel

Die Veranstalter der Reihe „Sommerpalast“ machen aus der Not eine Tugend – und erfinden das Murrhardter „Bergfestival“. Mitten im Wald bei Hoffeld tritt der Komiker Frank Fischer auf.

Murrhardt - Samstagabend, kurz nach sechs: Hardy Wieland sitzt auf seiner Denkerbank am Rande einer Wiese hoch über Murrhardt und blickt zufrieden hinunter ins Murrtal. Wieland ist der Kopf des Teams, das seit 25 Jahren die Murrhardter Reihe „Sommerpalast“ organisiert. Eigentlich hätte im Tal Ende Juli der Geburtstag des Kulturspektakels groß gefeiert werden sollen. Doch dann kam Corona – und alles war anders.

Eine Großveranstaltung mit rund 1000 Gästen in einem Zirkuszelt? Unmöglich in diesem merkwürdigen Sommer. Hardy Wieland dreht sich um und zeigt auf die kleine Bühne, die ehrenamtliche Helfer am Mittag mitten im Wald am Rande des Örtchens Hoffeld aufgebaut haben und sagt: „Das ist die gute Seite von Corona.“ Der „Sommerpalast“ habe sich „neu erfunden“. Das Motto der neuen Veranstaltungsreihe „Bergfest“ lautet „Mit Abstand zusammen“. Der Name ist Programm.

Die Gäste sind begeistert – die Akteure auch

Gleich wird der Komiker Frank Fischer knapp 200 Zuschauer für gut zwei Stunden aus der unangenehmen Pandemiezeit entführen. Allmählich füllt sich die Wiese, die einst zum Park der Villa Franck gehörte und heute im Besitz der Stadt Murrhardt ist. Die Menschen kommen aus der gesamten Region. Sie haben Decken, Stühle und Picknick im Gepäck, lassen sich nieder, halten gebührend Abstand zu den Nachbarn, trinken ein Bier, vielleicht auch zwei und freuen sich, dass wieder Kulturveranstaltungen geboten werden.

Wieland erzählt, dass sich manche Gäste der neuen Reihe im Nachgang der drei Veranstaltungen, die bis dato stattgefunden haben, mitunter überschwänglich bedankt hätten. „Endlich wieder ein Konzert“, hieß es in einer E-Mail nach dem Gig der Musikerin Ami Warning vor zwei Wochen auf einer Wiese bei den Murrhardter Wellingtonien. Wieland sagt, er habe schon oft auf seiner Denkerbank gesessen und gedacht: Auf diesem Areal im Wald müsste man mal was auf die Beine stellen. Er sehe Corona als Chance für die Kultur. „Wir haben die Zeit genutzt.“

Dann steht Fischer auf der Bühne im Forst und sagt: „Schön, dass ich wieder auftreten darf.“ Schön auch, dass die Zeiten, als er vor Autos habe spielen müssen, vorbei seien. Bei Veranstaltungen in Autokinos sei das Betätigen der Scheibenwischer ein Zeichen für ‚Tränen lachen’ gewesen: „Ein Albtraum.“

Von Leuten, die meschugge sind

Fischer hat sein Programm „Meschugge“ mitgebracht, das hebräische Wort bedeutet „verrückt“. Der Komiker erzählt von den verrücktesten Begegnungen mit Menschen. Etwa von dem Treffen mit einem Mann, der ihn gefragt habe, ob er wohl der Schauspieler sei, der kürzlich verstorben ist. Oder von der Radiohörerin, die sich „Freiheit“ von Herbert Grönemeyer gewünscht hat. Auf den Einwurf, das Lied sei von Westernhagen, antwortete die Dame: „Dann lassen wir es.“ Alle meschugge.

Fischer hat auch gute Tipps für den Alltag parat. Zum Beispiel für eine Fahrt in einem überfüllten Zug. Vier Worte, gesprochen ins Handy, reichten aus, um viel Platz zu schaffen: „Siri, ist Krätze ansteckend?“ Die Zuschauer sind begeistert, lachen, grölen mitunter, applaudieren immer wieder. Eine Frau sagt nach dem Auftritt Fischers, sie wünsche sich, dass solche Veranstaltungen auf den Berghängen in der Provinz auch stattfinden, wenn die Pandemie weitgehend überstanden ist.

Hardy Wieland und seine Mitstreiter vom Verein Palastkultur haben tatsächlich im Sinn, das „Bergfestival“ fortleben zu lassen. Und zwar zusätzlich zum „Sommerpalast“ im Murrhardter Stadtgarten. Solche kleinen, feinen Kulturveranstaltungen auf den Höhen des Schwäbischen Waldes könnten im nächsten Jahr durchaus auch in anderen Kommunen über die Bühne gehen, sagt Wieland. Der Bürgermeister der Nachbargemeinde Großerlach, Christoph Jäger, haben bereits Interesse signalisiert.

Viele engagierte Helfer

Luxusproblem
Die Organisatoren der Murrhardter Reihe „Sommerpalast“ haben seit dem Start vor 25 Jahren ein Luxusproblem: Die Macher des Kulturspektakels haben mehr ehrenamtliche Helfer, als sie für die mehrtägige Veranstaltung benötigen.

Herausforderung
Die Corona-Pandemie war für den Kopf des Organisationsteams Hardy Wieland und seine Mitstreiter trotzdem eine echte Herausforderung – weil es nicht möglich ist, fast 1000 Zuschauer in einem Zirkuszelt zu unterhalten und zu bewirten. Flugs wurde das „Bergfestival“ erfunden. Die Künstler treten nun vor maximal 200 Leuten auf.