Robert Lewandowski ist ratlos Foto: dpa

Warum die Österreicher glauben, dass ein unförmiges Spielgerät den deutschen Fußball voranbringen könnte. Unsere Bundesliga-Kolumne von Reiner Schloz

Stuttgart - Die Champions League ist dieser Tage ja nicht unser Lieblingsthema. Aber die Realität wirft noch viel dunklere Schatten auf den grünen Rasen. Denn jetzt haben uns auch noch die Österreicher ausgetrickst. Sie haben einen unförmigen Ball erfunden. Er ist alles andere als rund. Genau genommen sind es sogar zwei, Corpus I und Corpus II.

Das eine erinnert an ein Dreieck mit abgerundeten Ecken, das andere sieht aus wie meine Kopfschmerztablette. Johannes Anderl, der die Dinger bei vollem Bewusstsein erfunden hat, bietet sie im Set für 199,95 Euro an. Laut Erfinder fühlen sich die Spielgeräte an wie ein Fußball, sind aus demselben Material, genauso schwer, und man kann mit ihnen ganz normal kicken. Nur eben die Form: Das Corpus zeigt Kante und hopst anarchisch durch die Gegend.

Robert Lewandwoski ist ratlos

So ist es allerdings auch gedacht. Das unverschämte Verhalten soll das Kognitive, die Gedankenschnelligkeit und die Technik eines Fußballers verbessern. Die Corpora sind bereits bis in den russischen Trainingsalltag vorgedrungen, und auch in der Bundesliga vertrauen Clubs wie 1899 Hoffenheim, FC Augsburg, Fortuna Düsseldorf oder der FC Bayern auf das unkontrollierte Gehopse. Zumindest im Jugendbereich. Geholfen hat es bisher nicht. Auch am Wochenende wurde mal wieder deutlich, dass selbst ausgewachsene Profis mit den physikalischen Eigenschaften eines exakt runden Balles schon genug Probleme haben.

Der Münchner Torproduzent Robert Lewandowski weiß immer noch nicht, wie sein Kopfball aus drei Metern Entfernung in der Nachspielzeit am Tor des SC Freiburg vorbeifliegen konnte. Und Keeper Koen Casteels vom VfL Wolfsburg wird sich immer noch fragen, warum der Freistoß des Dortmunders Paco Alcácer in der Nachspielzeit nicht in seinen Armen, sondern im Netz landete. Solche, für den neutralen Betrachter eher humoristischen Einlagen, kosten in Kombination dann eben unerwartet die Tabellenführung. Ein Tiefschläge-Set sozusagen, das in München niemand bestellt hatte, schon gar nicht für 199,95 Euro.

Wembley wäre damit nie passiert

Wenn sich Niederlagen und Enttäuschungen häufen, wird ja auch gern schamlos der Verlust des Straßenfußballers beklagt. Ich war auch mal so ein Straßenfußballer. Und wenn Erinnerungsvermögen und die reine Wahrheit einigermaßen zusammenpassen, spielte sich damals das Meiste auf Asphalt ab. Auf einem Asphalt, dem weder die Hosen noch die Nähte der Bälle standhielten. Es dauerte nie lange, bis wir einen freien Blick auf die Blase hatten, die vehement ins Freie drückte. Unsere Bälle waren also nie wirklich rund, weshalb sie folgerichtig umgetauft wurden. Es waren eben Eier. So unförmig, dass die Blase dem Druck nicht lang gewachsen war und die Pille den Geist aufgab. Wir wagten dann den nächsten kognitiven Schritt und kickten mit Dosen weiter. Wir hätten also die besten Techniker aller Zeiten werden müssen.

Dem war aber nicht so.

Anderseits: Getränkedosen, völlig unabhängig vom Inhalt, sind ja seit geraumer Zeit in den Arenen verboten. Die Technik der Fußballer hat sich seither auch nicht wirklich verbessert. Es wäre mal eine große Aufgabe für alle Experten festzustellen, ob es da nicht vielleicht doch einen Zusammenhang gibt. Man will ja nicht nur als alter Zausel dastehen, der moderne Trainingsmethoden allzu kritisch betrachtet. Im Grunde ist ja jedes Mittel recht, um den deutschen Fußball voranzubringen. Man sollteCorpus I und Corpus II, einzeln oder als Set, also eine Chance geben. Und wenn ich mir diese aufgepumpte Kopfschmerztablette so anschaue, ist eines auch klar: Wembley wäre damit nie passiert.

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