Für unsere Autorin ein ideales Modell: Mutter und Vater arbeiten ungefähr gleich viele Prozent und teilen sich die Sorge um die Kinder gleichberechtigt auf. Foto:  

Unsere Kolumnistin lobt sich nicht gern selbst. Heute tut sie es trotzdem, weil sie glaubt, dass ihr Lebensmodell auch andere Eltern glücklicher machen könnte.

Stuttgart - Wer diese Kolumne regelmäßig liest, weiß, dass ich – typisch Frau! – eigentlich am liebsten über meine Schwächen schreibe. Darüber, wie ich als Mutter an den eigenen Ansprüchen scheitere, wie ich äußerlich verwahrlose, körperlich abbaue, von Schulangst geplagt werde und in einem Berg von Plastikspielzeugmüll versinke. Heute will ich mich endlich mal selbst loben – und den Mann gleich mit. Wir arbeiten nämlich, seit wir Kinder haben, beide in Teilzeit. Und das heißt eben auch: Wir teilen uns die unbezahlte Care-Arbeit, also die Sorge für und um die Kinder, gleichberechtigt auf.

Wenn ich mit anderen Müttern spreche oder in den vielen klugen Elternblogs lese, die es gibt, habe ich oft das Gefühl, es herrscht ein zunehmendes Unbehagen unter Frauen. Darüber, dass es mit der Gleichberechtigung in der Partnerschaft nämlich nicht mehr so richtig klappt, sobald Kinder auf die Welt kommen.

Dank Kitaplatz-Ausbau und Elterngeld steigen zwar viele Frauen schnell wieder in den Beruf ein und immer mehr Männer nehmen zumindest ein paar Monate lang Elternzeit, aber insgesamt leben die meisten Paare halt doch eine relativ klassische Rollenverteilung: Er arbeitet in Vollzeit, sie in Teilzeit – oder gar nicht. Drei Viertel der Eltern entscheiden sich für dieses Modell, obwohl es den wenigsten wirklich gut gefällt:

Ich höre von Vätern, dass sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen und von ihrer Bürde, ein Hauptverdiener zu sein. Und ich erlebe Mütter, die unter der Doppel-Last aus Erwerbsarbeit und dem kompletten Familienmanagement ächzen und oft bis 21 Uhr abends „alleinerziehend“ sind. Ich lese von der berühmten Teilzeitfalle, von finanzieller Abhängigkeit vom Partner und von Altersarmut bei Frauen. Und ich wundere mich kein bisschen, dass sich in einer Allensbach-Umfrage jede und jeder dritte Befragte wünscht, dass Väter und Mütter Stunden reduzieren. Dafür wundere ich mich umso mehr, dass gerade mal drei Prozent dann tatsächlich auch so leben.

Am Freitag holen wir die Kinder sogar gemeinsam ab

Unser Modell sieht konkret so aus: Der Mann hat eine 75-Prozent-Stelle, ich arbeite 70 Prozent. Dabei verdienen wir ungefähr gleich viel. Nachmittags holen wird die Kinder abwechselnd von der Kita ab und teilen uns die Bringdienste zu den diversen Nachmittagsaktivitäten auf. Wir sind ähnlich oft auf dem Spielplatz oder in der Stadtteilbibliothek – der Mann meist allein unter Frauen – und am Freitagnachmittag holen wir sogar beide die Kinder ab. Der Mann geht dann mit dem Sohn (5) zum Schwimmkurs. Ich unternehme etwas mit der Tochter (2). Das ist für alle sehr viel entspannter, als wenn einer mit beiden Kindern in die Schwimmhalle hetzen muss.

Auch das so genannte Familienmanagement, also all das, was in einem Leben mit Kindern eben noch so organisiert werden muss, teilen wir uns auf. Der Mann ist zum Beispiel für sämtliche Drogerie-Einkäufe – und auch die vorherige Planung – zuständig, ich übernehme dafür die Essensversorgung. Ich räume die Spülmaschine ein, er aus. Ich wasche, er trocknet das Geschirr ab. Er kümmert sich um Autokram, Getränkeversorgung, Mülltonnenrausstellen und Wochenendaktivitäten. Ich um Garten, Kinderarzttermine und Windelnachschub für die Krippe. Und wenn eine Kindergeburtstagseinladung ansteht, kaufen mal ich, mal der Mann ein Geschenk.

Trotzdem habe ich mehr Aufgaben im Haushalt als mein Partner: Kinderkleidung besorgen, Vesper richten, Wäsche waschen und zusammenlegen, all das ist mein Bereich (allerdings auch, weil ich es machen will). Dafür ist der Mann sehr viel engagierter, wenn es darum geht, mit den Kindern Fußball zu spielen, herumzublödeln, geduldig Wutanfälle auszuhalten oder vorzulesen. Ich finde, das gleicht sich irgendwie wieder aus. Nicht jeder kann eben alles gleich gut.

Es fühlt sich mehr nach Partnerschaft auf Augenhöhe an

Ehrlicherweise muss ich sagen, dass wir unsere Lebensform nicht ganz bewusst gewählt haben, sondern irgendwie hineingeschlittert sind. Als unser erstes Kind geboren wurde, hat sich der Mann gerade beruflich umorientiert. Das Teilzeit-Teilzeit-Modell war erst eine Notlösung, dann stellte es sich als unheimlich entlastend und befriedigend für beide heraus und wir behielten es bei. Es fühlt sich einfach nach einer Partnerschaft auf Augenhöhe an.

Oft höre ich von befreundeten (Akademiker-)Paaren, dass sie uns beneiden, aber dass so ein Modell bei ihnen leider nicht umsetzbar ist. Weil der Mann mehr verdient und/oder, weil er in seinem Job keine Stunden reduzieren kann. Ich will das nicht bewerten, aber so wirklich verstehen tue ich es in vielen Fällen nicht. Immerhin funktioniert die Teilzeitlösung bei Frauen ja in den allermeisten Fällen auch, wenn sie das wollen. Außerdem ermöglicht das Gesetz Angestellten in größeren Firmen seit diesem Jahr, Teilzeit zu arbeiten, ohne den Anspruch auf die volle Stelle zu verlieren. Und auch das 2015 eingeführte Elterngeld Plus fördert die reduzierte Arbeitszeit von Müttern und Vätern.

Verzicht auf Verantwortung und Geld

Klar, weiß auch ich, dass Teilzeit oft bedeutet, ein Stück Verantwortung abgeben zu müssen. Weil viele Chefs eben noch nicht daran glauben, dass man mit weniger Prozenten genauso verantwortlich arbeiten kann. Aber genau vor dem Dilemma stehen Frauen auch. Und ändern wird sich in den Chefköpfen nichts, wenn es keine Männer gibt, die Pionier-Überzeugungsarbeit leisten.

Bleibt noch die Sache mit dem Geld: Längst fordern Stimmen einer politisierten Elternschaft die 28- bis 32-Stunden-Woche für Mütter und Väter kleiner Kinder bei vollem Lohnausgleich. Ein Modell, das das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung entwickelt hat. Es könnte beispielsweise durch die Abschaffung des milliardenteuren Ehegattensplittings finanziert werden.

Bis es soweit ist, müssen Paare, die sich für das Teilzeit-Teilzeit-Modell entscheiden, wahrscheinlich einfach in Kauf nehmen, dass sie eine Zeit lang weniger Geld zur Verfügung haben. Am Ende ist die Entscheidung mit der Frage verbunden, wie viel einem eine gleichberechtigte Partnerschaft und mehr Zeit mit den Kindern für Mütter und Väter wert ist.

Ich kann ja nur aus meiner Erfahrung sprechen. Aber ich finde es lohnt sich.

Lesen Sie hier mehr aus der Kolumne „Mensch, Mutter“.

Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken übers Elternsein, über Kinder, Kessel und mehr. Sie schreibt im Wechsel mit ihrem Kollegen Michael Setzer, der als „Kindskopf“ von seinem Leben zwischen Metal-Musik und Vatersein erzählt.