Urlaub in einem Familienhotel kann stressfrei sein, muss es aber nicht. Foto: AdobeStock

Um sich maximal zu erholen, hat unsere Kolumnistin mit Mann und Kindern dieses Jahr Urlaub in einem Familienhotel gemacht. Hier erzählt sie, wie es war.

Stuttgart - Urlaub mit Kindern ist eine zwiespältige Angelegenheit: Einerseits ist es wirklich schön, von morgens bis abends Zeit miteinander zu verbringen. Andererseits ist es wirklich ganz schön anstrengend, von morgens bis abends Zeit miteinander zu verbringen. Also zumindest bei uns.

Um das Konfliktpotenzial möglichst gering zu halten, hatten wir uns dieses Jahr zum Auftakt der dreiwöchigen Kita-Ferien ein gediegenes Familienhotel in Italien gegönnt. Dem Mann und mir fiel die Entscheidung für diese in unseren Augen spießigste aller Urlaubsformen nicht ganz leicht, Leser dieser Kolumne erinnern sich vielleicht. Aber wir versprachen uns davon Folgendes: Minimalen Stress für uns (kein Kochen, kein Abspülen, kein Aufräumen), maximalen Spaß für Tochter und Sohn (andere Kinder, ideenreiches Programm von 9 bis 21 Uhr, Wasser und Fußballplatz direkt vor der Zimmertür). Dazwischen wollten wir essen, lesen, entspannt gemeinsam Zeit verbringen – in dieser Reihenfolge.

Die Freude am Familienhotel hielt nicht lange an

In den ersten Tagen funktionierte es tatsächlich. Unser Sohn (4) ging gern zum Kinderprogramm, die Tochter (1) zwar nicht, aber die verbrachte dafür den Großteil ihrer Zeit begeistert auf dem Wasserspielplatz. Ich las jeden Tag die Zeitung komplett und Bücher dazu, ging im weiß-flauschigen Hotelbademantel zur „Love-your-age“-Gesichtsbehandlung, ließ mich massieren und manchmal auch im Wasser treiben. Außerdem aßen wir sehr viel, sehr gutes Essen und freuten uns über das schöne Land und die feinstaubfreie Luft um uns herum – und natürlich auch über das aufgeräumte Zimmer, die gepflegte Anlage, den Tag und Nacht bereitstehenden Babybrei.

Nach ein paar Tagen allerdings wurde das ein oder andere Familienmitglied unruhig. Dem Mann war die viele Erholung zu öd und die anderen Familien auch. Das Essen vier Mal am Tag drückte im Bauch (aber wir hatten ja dafür bezahlt!), die flauschigen Bademäntel waren bei 35 Grad zu heiß, manche Angebote (Kindermaniküre) obszön dekadent und überhaupt: War diese Anlage in all ihrer Gediegenheit nicht schrecklich langweilig? Es war, als wäre ihm alles ein bisschen zu viel des Guten. (Luxusproblem, schon klar.)

Das schlechte Gewissen macht sich bemerkbar

Was mir wiederum zu schaffen machte, war, dass wir das ältere Kind fast nicht mehr zu Gesicht bekamen: Schon am Frühstücksbüffet fragte der Sohn (wenn er überhaupt mit uns aß), wann er denn nun endlich mit den anderen Kindern zum Ausflug gehen könnte. Wenn ich ihn aus der Betreuung abholen wollte, um zum Beispiel mit ihm baden zu gehen, kam ich meist ungelegen, musste immer gerade ein Vulkan gebastelt, ein Fußballspiel gespielt, ein Waldmandala gelegt werden. Abends ging er zur Fledermauswanderung, während wir an der Hotelbar von einer lokalen Sängerin mit Evergreens beschallt wurden. Es war, als würden wir getrennt Urlaub machen und irgendwie war das bei aller Erholung nicht das, was ich mir unter Familienferien vorgestellt hatte. (Und ja, ich hatte auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ich das Kind sogar in den Ferien fremdbetreuen lasse.)

Als wir nach einer Woche wieder zurück nach Stuttgart fuhren, war ich deshalb tatsächlich ein bisschen froh - und der Mann sowieso.

Kleine Ferienwohnung im Schwarzwald als Kontrastprogramm

Ein paar Tage später saßen wir dann in einer einfachen Ferienwohnung auf einem Bauernhof im Schwarzwald, unserer zweiten Urlaubsstation. Wir mussten selber einkaufen, kochen und aufräumen. Die Wohnung war schnell Chaos, unser Essen nicht halb so viel und so gut wie das in Italien. Es gab keinen Gratis-Babybrei und statt Gesichtsbehandlung im Wellnessbereich nur ein fensterloses Bad. Und natürlich gingen wir uns mindestens einmal am Tag ganz schrecklich auf die Nerven. Der perfekte Familienurlaub eben.

Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken über Kinder, Kessel und mehr.