Ins Schwitzen gekommen: Marc Biadacz beim Kassieren Foto: privat

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche nehmen Russen Kontakte zur CDU auf. Und prompt wird der Ton rauer. Immerhin zeigt die Partei auch etwas Solidarität.

Nufringen - In den USA sollen die Russen Donald Trump den Weg ins Weiße Haus geebnet haben. Länder zu spalten und Mauern zu bauen, kommt im Osten bekanntermaßen gut an. Was sie in Grafenau vorhaben, ist noch ein Rätsel. Die CDU hat nämlich ebenfalls ein Angebot aus Russland erhalten: 25 Millionen E-Mail-Adressen hätte Günter Graf erwerben können. Der CDU-Gemeindeverbandsvorsitzende hatte die E-Mail erhalten, nachdem er zum Neujahrsempfang eingeladen hatte. Dabei steht in Grafenau erst in zwei Jahren eine Bürgermeisterwahl an. Und 25 Millionen Adressen erscheinen für die knapp 7000 Einwohner zählende Kommune auch etwas übertrieben.

EIne Zustimmung, wie sie Putin gefällt

Die einzigen, bisher erkennbaren Parallelen zwischen Grafenau und Washington sowie Moskau sind eine Wahlbeteiligung auf US-amerikanischem Niveau und eine Zustimmung, wie sie Vladimir Putin gerne hat: Martin Thüringer ist 2012 von weniger als 30 Prozent der Wahlberechtigten, aber mit 95,4 Prozent der Stimmen ins Rathaus gewählt worden. Für eine Wahlbeeinflussung nach russischem Muster gibt es allerdings erst mit mehreren Kandidaten Ansätze. In Magstadt beispielsweise hätten die Spindoktoren ihre Hände durchaus im Spiel haben können, als dem einen Kandidat blanker Karrierismus unterstellt wurde und der Gegenkandidatin, dass sie ihre Rede nicht selbst geschrieben habe. Natürlich handelte es sich um Fakenews!

Auch in Nufringen wurden Vorwürfe laut, der Wahlkampf sei manipuliert worden – mit Wahlempfehlungen von Seiten der CDU. Sie hatten zwar keinen Effekt. Aber in dem Ort hat sich ein rauer Ton verfestigt. Zum Neujahrsempfang lud der Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins beispielsweise gleich den neu gewählten Bürgermeister ein – hinter dem Rücken der Amtsinhaberin. Ulrike Binninger verhinderte aber die Indoktrination. Am Sonntag gab ihr Dominic Borelli dann laut der Lokalzeitung in erster Linie kritische Worte zur Ortskernsanierung und Haushaltsführung mit auf den Weg. „Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut“, wählte die Noch-Bürgermeisterin ein unmissverständliches Zitat. „Behalten Sie Ihren Idealismus und Ihren Optimismus“, hatte Ulrike Binninger zuvor noch an die Bürger appelliert. Die applaudierten ihr am Ende im Stehen und demonstrierten damit ihre rechtschaffene Weltanschauung.

Aus der Mode gekommen: Solidarität

Den in Zeiten von unmoralischen Angeboten aus Russland etwas aus der Mode gekommenen Politikbegriff der Solidarität hat die CDU immerhin in Böblingen-Dagersheim vorgeführt. Im dortigen Edeka-Markt kauften OB Wolfgang Lützner und der CDU-Gemeinderatsfraktionschef Hans-Dieter Schühle just in dem Moment ein, als Marc Biadacz auf Einladung des Unternehmens und für einen guten Zweck an der Kasse saß. „Beim Kassieren bin ich teilweise ganz schön ins Schwitzen gekommen, wenn die Schlange immer länger wurde“, berichtete der Bundestagsabgeordnete. Da tut es gut, ein paar bekannte, freundlich lächelnde Gesichter zu sehen. Dennoch muss sich der 38-Jährige keine Sorgen um seine Zukunft machen, sollte Vladimir Putin seine Bemühungen in Deutschland verstärken: „Der dürfte jederzeit bei uns anfangen“, sagte der Marktleiter begeistert.