Lauter Böblinger für Böblingen: die Gemeinderatskandidaten Foto: StZ

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche feiern die Nufringer in aller Bescheidenheit, während die Böblinger nichts von ihrem Glück und Segen abgeben.

Böblingen - Eigentlich hätte das Maibaumfest eine traurige Veranstaltung werden müssen. Schließlich musste es ohne den Namensgeber stattfinden. Jahrelang hatte der Gewerbe- und Handelsverein für die Feier und die entsprechende Dekoration gesorgt, war aber jetzt nicht mehr in der Lage, diese Tradition fortzuführen. Die sportlichen Mitglieder vom Sportverein sprangen daraufhin ein. Allerdings fehlte auch ihnen die Kraft, um wenigstens eine bescheidene Birke aufzustellen. Die Mühe hätte sich nicht einmal gelohnt, denn die Nufringer sahen einfach darüber hinweg: „Keiner vermisst wirklich den Baum, jeder hat seine Abwesenheit unbekümmert akzeptiert“, heißt es im Bericht der Lokalzeitung von dem Fest.

Die Böblinger können alles gut gebrauchen

Rein theoretisch hätten die Böblinger den Nufringern einen ihrer Bäume abgeben können. Sie hatten schließlich gleich zwei davon. Auf das Symbol für „Gedeihen und Wachstum, Glück und Segen“ wollten aber weder die Kernstadtbewohner noch die Dagersheimer verzichten. „All das können wir immer gut gebrauchen“, stellte ihr Oberbürgermeister, Stefan Belz, klar. Diese Form der Besitzstandswahrung wird wieder bei der Kommunalwahl deutlich. „Böblinger für Böblingen“ lautet beispielsweise der Slogan der Freien Wähler, als ob es möglich wäre, dass sich ein Inder oder ein Eskimo in den Gemeinderat einschleichen könnte.

Wer sich für die Kommunalwahl aufstellen lassen will, muss natürlich in der jeweiligen Stadt seinen Wohnsitz haben – wenigstens seit drei Monaten. Insofern können bei allen Parteien und auf allen Listen nur Böblinger für die Böblinger kandidieren, es handelt sich also um kein Alleinstellungsmerkmal für die Freien Wähler. Dagegen haben ihre Kollegen aus Kassel ganz andere Möglichkeiten: Sie können mit „Kasseläner für die Kasseler“ werben, was übersetzt bedeutet „Seit Generationen Eingesessene für die Neubürger“ und sehr großzügig klingt. Bei den Freien Wählern ist wiederum nicht klar, ob sie ihrer Stadt nicht bald den Rücken kehren: „Böblingen muss interessanter, leistungsfähiger, schöner und lebenswerter werden“, fordern sie in ihrem Wahlkampfprogramm. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es momentan langweilig, faul, hässlich und ungemütlich ist.

Der CDU geht es auch um alles

Die Sozialdemokraten packen ihre Wähler lieber mit Samthandschuhen an. „Unser Böblingen: stark, innovativ, lebenswert“ lautet ihr Spruch. Und der lässt sich so verstehen, dass in der Stadt aus SPD-Perspektive eigentlich schon alles in Butter ist und es kaum noch besser werden kann. Noch unverfänglicher zeigen sich Stefan Belz und Heidrun Brehm von den Grünen: „Zuhause viel vor“, erklären sie auf ihren Plakaten – und man wundert sich, ob sie im Wohnzimmer ein neues Regalsystem aufbauen oder im Garten ein Kräuterbeet anlegen wollen.

Die CDU übt ein wenig mehr Druck auf die Bürger aus und verwendet eine ähnliche Strategie wie die Freien Wähler: „Es geht um Böblingen“, steht da, „es geht um uns alle.“ Also bloß niemanden anderes wählen, sonst könnte es womöglich um Sindelfingen gehen und die anderen, lautet die Botschaft. Und tatsächlich liegen die Christdemokraten mit ihrer Vermutung gar nicht so daneben: Die Liberalen scheinen trotz ihres Wohnsitzes in Böblingen von Fremdeinflüssen unterwandert worden zu sein. Unter der Rubrik „starker Wirtschaftsstandort“ heißt nämlich eine Forderung im FDP-Wahlprogramm: „Es gilt, noch intensiver mit Sindelfingen zusammenzuarbeiten, um Synergien zu schaffen und Sparpotenziale zu nutzen.“