Abgehoben: Böblingens OB Stefan Belz holt einen Astronauten in die Stadt Foto:  

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche lässt der Böblinger Rathauschef seine Beziehungen spielen. Sindelfingen beschäftigt sich mit irdischen Themen.

Böblingen - Stefan Belz lässt seine Beziehungen spielen. Der Luft- und Raumfahrtingenieur, der zum Oberbürgermeister mutierte, holt Ernst Messerschmid nach Böblingen. Für den Professor, der im Jahr 1985 als dritter deutscher Astronaut ins Weltall flog, wird zwar kein neues Amt geschaffen. Aber der Oberbürgermeister ist offensichtlich der Ansicht, dass Böblingen durchaus einen Einblick in eine andere Galaxis gebrauchen könnte. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist nämlich frei. „Einblicke in die faszinierende Welt der Weltraumforschung und der bemannten Raumfahrt“ wird Ernst Messerschmid am 20. November in der Zehntscheuer geben – gemeinsam mit Stefan Belz und Gisela Detrell, der Leiterin des Forschungsbereichs Lebenserhaltungs- und Energiesystem.

Strategien für Langzeitaufenthalte

„Wie sehr sich der Beruf des Forschers von dem eines Oberbürgermeisters unterscheidet oder auch nicht, wird spannend zu sehen sein“, steht in der Ankündigung aus dem Rathaus. Auch in der Luft- und Raumfahrttechnik wollte der heutige Rathauschef hoch hinaus: Ernst Messerschmid war der Doktorvater des Böblinger Stadtoberhaupts. An der Universität Stuttgart beschäftigte Stefan Belz sich mit der Frage, wie es gelingen kann, dass sich Astronauten auf Langzeitaufenthalten im Weltraum mit nachwachsenden Rohstoffen selbst ernähren. Das Thema scheint nicht so weit entfernt zu sein, von seiner aktuellen Position. Auf acht Jahre hat sich der Wissenschaftler mit seiner Wahl auf einen Langzeitaufenthalt in einer anderen Welt eingelassen, die Lästermäuler auch als Schwarzes Loch bezeichnen. Wie er sich in dieser Zeit mit nachwachsenden Rohstoffen selbst ernähren kann, dürfte weiterhin eine überlebenswichtige Frage für ihn sein.

Unter dem Motto „vom All in den Alltag“ zeigt Ernst Messerschmid an dem Abend noch „auf erfahrbare und lebendige Weise auf, wie die Raumfahrt unser Leben verändert hat“. In Böblingen machen sich die Auswirkungen des raketenartigen Aufstiegs von Stefan Belz in den Chefsessel am Marktplatz auf dem Schlossberg tatsächlich schon bemerkbar. Die Wahl des OBs hat den Gemeinderat zu unbekannten Höhenflügen animiert, weil im Februar nur 38 Prozent der Böblinger wählen gegangen sind, wurde eine Kampagne für mehr Wahlbeteiligung diskutiert: Die Parteien sollten bei der anstehenden Kommunalwahl im Mai auf ihre Plakate verzichten, sagte Frank Hinner dabei in einem Supernova-Moment. „Die Bürger ärgern sich nur, wenn alles zuplakatiert ist“, erklärt er . Diese Maßnahme dient seiner Meinung nach mehr zur Erhöhung der Wahlbeteiligung als jede andere Form von Werbeaktion. Für die Kommunalpolitiker wäre ein plakatfreier Wahlkampf nur ein kleiner Schritt, aber für die Menschheit ein großer Sprung. Aber was folgt auf das kurzzeitige, helle Aufleuchten eines massereichen Sterns? Das Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion, bei der er vernichtet wird. Spätestens in einem halben Jahr wird die Idee von Frank Hinner auf den Mond geschossen.

Passwort für Wiederholungstäter

Mit wesentlich irdischeren Themen beschäftigt sich derweil das Sindelfinger Rathaus: dem Knöllchen. Nachdem die Stadt ihren ersten stationären Blitzer aufgestellt hat, wurde konsequenterweise auch das Bezahlsystem für die Strafzettel der neuen Situation angepasst. Ab sofort ist dies online möglich – mit Giropay, Paydirekt oder Kreditkarte. Ein Knöllchen zu bekommen sei „nie schön“, heißt es in der Mitteilung der Stadt, „noch unangenehmer wird es jedoch, wenn die Ordnungswidrigkeit für den Betroffenen zum Verwaltungsaufwand wird“. Bislang konnten sie sich online nur über den Strafzettel beschweren, nun können sie das Ärgernis gleich schnell abhaken.

Das Bezahlangebot ist nicht nur ein uneigennütziger Kundenservice: Allein in den ersten drei Monaten der Radaranlage an der Neckarstraße wurden fast 1000 Verkehrssünder geblitzt. Die Zahl klingt nach einer Menge Arbeit für das Ordnungsamt. Auf dem Bescheid von der Stadt ist jetzt auch ein Benutzername samt Passwort für das E-Payment vermerkt. Wiederholungstäter sollten aus Praktikabilitätsgründen immer die gleichen Zugangsdaten erhalten.