Vielleicht wäre das Eisschwimmen ja auch für die Freibäder im Kreis Böblingen eine Möglichkeit. Foto: picture alliance/Mindaugas Kul

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche werden die Folgen der Corona-Pandemie für das künftige Dasein deutlich. Die Kreisbewohner müssen sich warm anziehen.

Sindelfingen - Eigentlich hat sich in diesem Jahr der Traum von vielen Schwimmern verwirklicht: Die Freibadsaison wurde endlich einmal verlängert. In der Vergangenheit schien es oft unverständlich, warum bei schönstem Sonnenschein das Badevergnügen unbedingt nach drinnen verlegt werden musste. Dieses Jahr können sich die Menschen im Kreis Böblingen an der frischen Luft austoben – in Sindelfingen immerhin bis 30. September, in Leonberg sogar bis 11. Oktober! Allerdings zeigt sich auch, dass sich die Freibadsaison nicht nach Gutdünken verlängern lässt. Denn anders als in der vergangenen Woche ist der Herbst momentan nicht golden, sondern eher grau.

Aber die verlängerten Öffnungszeiten sind auch kein Luxus, sondern vielmehr notgedrungen. In Sindelfingen hatte das Freibad ja nur so lange offen, weil es für das überdachte Becken noch kein Hygienekonzept gibt. „Das Hallenbad und die Sauna Classic sind bis voraussichtlich Anfang Oktober geschlossen!“, heißt es nur vage auf der Homepage des Badezentrums. Dafür wurde die Kassiererin am Freibad seit dem Wetterumschwung sehr konkret: „Das Wasser hat nur 20 Grad“, warnte sie jeden, der sich noch dorthin wagte. Um es zu beheizen, fehlt der klammen Stadt offensichtlich das Geld.

Rentner sind solche Temperaturen gewohnt

Das Schwimmen haben sich da gerade mal ein paar Ausdauersportler getraut – durch Neoprenanzüge geschützt – sowie wenige Rentner, die eine solche Kälte eben noch aus ihrer Jugend gewöhnt sind. Klar ist, dass sich auch alle anderen Sindelfinger künftig zum Baden entweder warm anziehen oder sich abhärten müssen: Die Verwaltung investiert jetzt zwar noch einmal eine Million Euro in das Freibad – ob für die anschließende Sanierung des Hallenbads danach noch ein Cent übrig ist, bleibt allerdings abzuwarten.

Die Stadt Leonberg macht es vor: Das frisch renovierte Leobad bleibt am längsten von allen Freibädern im Kreis Böblingen offen. Allerdings hat das Bad immerhin mehr Komfort als Sindelfingen zu bieten – zumindest ein 29 Grad warmes Warmbecken und Umkleidekabinen in einer beheizten Wärmehalle. Doch der SPD-Stadtrat Ottmar Pfitzenmaier stimmt die Bürger schon auf härtere Bedingungen ein: „Mit der Öffnung bis in den Oktober hinein riskieren wir einen überproportionalen Energieverbrauch, um das Wasser auf Temperatur zu halten“, gab er im Gemeinderat zu bedenken. Ohne das Heizen wiederum „würden wir riskieren, dass das Schwimmerbecken vereist“, fügte er noch an.

Eisschwimmen hat auch eine Fangemeinde

Inwiefern dieser Gedanke die Verwaltung davon abhält, die Öfen abzuschalten, ist schwer zu sagen. Schließlich hat auch das Eisschwimmen durchaus eine Fangemeinde – etwa in Russland, Litauen und China –, was Leonberg einen neuen internationalen Bekanntheitsgrad verschaffen und viel Geld einsparen könnte. Erstaunlich, dass Sindelfingen davon noch nichts gehört hat! Offiziell begründet der städtische Bäderbetrieb die lange Öffnung mit der viel höheren Zahl der Gäste: 650 dürfen nämlich gleichzeitig ins Leobad – viel mehr als ins Hallenbad. Ob so viele kommen, spielt bei solchen theoretischen Überlegungen keine Rolle.

Die Herrenberger können sich dafür endlich einmal freuen, dass sie ein Naturfreibad haben, das regelmäßig von Bakterien befallen wird. Es musste deshalb drei Tage früher als geplant schließen, macht so schnell nicht wieder auf und wäre für den Ganzjahresbetrieb sicher nicht tauglich. Seit 24. September dürfen die Herrenberger bereits ins Hallenbad, immer 35 auf einmal pro Zeitfenster. Das ist doch wirklich wahrer Luxus.