Für die vorzeitige Stilllegung ihrer Anlagen sollen Betreiber von Kohlekraftwerken Milliardenentschädigungen bekommen. Foto: dpa/Patrick Pleul

Es ist ein Beschluss von großer Tragweite, der weit in die Zukunft reicht - und umstritten ist. Bundestag und Bundesrat besiegeln das Aus für die klimaschädliche Kohleverstromung.

Berlin - Deutschland steigt bis spätestens 2038 schrittweise aus der Kohle aus. Bundestag und Bundesrat stimmten am Freitag zwei zentralen Gesetzen zu. Sie sehen zum einen konkreten Fahrplan zur Stilllegung von Kohlekraftwerken vor, zum anderen Strukturhilfen von 40 Milliarden Euro.

Das Geld soll den Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg beim Umbau ihrer Wirtschaft sowie beim Ausbau der Infrastruktur helfen. Betreiber von Kohlekraftwerken sollen Milliardenentschädigungen für die vorzeitige Stilllegung ihrer Anlagen bekommen.

Vor anderthalb Jahren hatte eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission einen Kohleausstieg bis spätestens 2038 vorgeschlagen. Kohlekraftwerke werden zwar ohnehin nach und nach vom Netz genommen, aber Klimaziele machen einen schnelleren Ausstieg notwendig. Eigentlich wäre erst in den späten 40er Jahren Schluss gewesen für die Kohleverstromung.

Historisches „Generationenprojekt“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete den Kohleausstieg als historisches „Generationenprojekt“. Altmaier sagte im Bundestag, die Kohleverstromung werde bis spätestens 2038 rechtssicher, wirtschaftlich vernünftig und sozial verträglich beendet. „Das fossile Zeitalter in Deutschland geht mit dieser Entscheidung unwiderruflich zu Ende.“

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte: „Wir sind jetzt das erste Industrieland, das gleichzeitig aus Kohle und Atom aussteigt - und das auch nicht erst 2038, sondern jetzt.“ Der erste Block werde noch in diesem Jahr abgeschaltet, die acht dreckigsten Kraftwerke in den nächsten zwei Jahren. „Das ist wirklich etwas besonderes, das ist vor allen Dingen ein guter Tag für den Klimaschutz.“

Scharfe Kritik kam dagegen von Grünen und Linken. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte, der Ausstieg komme viel zu spät. Die Bundesregierung sei an entscheidenden Stellen vom Konzept der Kohlekommission abgewichen. Ein Ausstieg sei aus Gründen des Klimaschutzes bis 2030 möglich und nötig. Das Projekt der Koalition sei „zukunftsvergessen“. Der Linke-Energiepolitiker Lorenz Gösta Beutin sprach von einem „schwarzen Tag“ für das Klima.

Proteste von Greenpeace

Greenpeace-Aktivisten kletterten aus Protest gegen das geplante Kohleausstiegsgesetz der Bundesregierung auf das Dach des Reichstagsgebäudes. Unter dem Schriftzug „Dem deutschen Volke“ brachten sie ein großes Transparent mit der Aufschrift „Eine Zukunft ohne Kohlekraft“ an. Der Kohleausstieg könne und müsse schneller gehen. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser nannte die Gesetze zum Kohleausstieg einen „historischen Fehler“.

Die Bundesregierung will in den Jahren 2026, 2029 und 2032 die Folgen des Kohleausstiegs auf die Versorgungssicherheit und die Entwicklung der Strompreise überprüfen. Untersucht werden soll auch, ob die Reduzierung der Kohleverstromung vorgezogen kann und damit der Kohleausstieg bis 2035 erfolgen kann.

Der Chef der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sprach von einer „historische Wegmarke“ - mahnte aber, die Arbeit fange nun erst richtig an.