Wenn er da ist, gibt Christian Maresch (rechts) gerne Hilfestellung beim Bezahlen. Ansonsten kommt der Laden ohne Personal aus. Foto:  

In der Jusigemeinde hat ein Tante-m-Laden aufgemacht. Das Besondere: Hier können sich die Kunden an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr mit den Waren des täglichen Bedarfs eindecken.

Kohlberg - Der kleine Laden heißt Tante m. Wie Tante Emma, nur ohne E und ma. Tatsächlich funktioniert er auch nach dem Prinzip eines Tante-Emma-Ladens, nur ohne die leibhaftige Emma hinter der Ladentheke. Das kleine Lebensmittelgeschäft, das vor Wochenfrist in Kohlberg geöffnet hat, kommt ohne Personal aus. Zweite Besonderheit: Die Kunden können im Erdgeschoss des Kohlberger Rathauses rund um die Uhr einkaufen – 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche. Mit dem Tante-m-Laden betritt die Jusigemeinde Neuland im Landkreis Esslingen.

Die Idee ist aus der Not geboren. Die rund 2350 Einwohner zählende Gemeinde war, nachdem die heimische Bäckerei mit ihrem Sortiment an Lebensmitteln und Alltagswaren von der Filiale einer großen Bäckereikette abgelöst worden war, der letzten verbliebenen Einkaufsmöglichkeit beraubt worden. „Wir haben im Herbst alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Lösung hinzubekommen“, sagt der Kohlberger Bürgermeister Rainer S. Taigel. Um die Nahversorgung am Ort zu gewährleisten, haben er und der Gemeinderat letztlich in den sauren Apfel gebissen und die ursprünglich für ein Bürgerbüro reservierten Räume im Rathaus an den Tante-m-Gründer Christian Maresch vermietet.

Die Nachfrage ist unverändert hoch

Maresch hatte sein Konzept zuerst im benachbarten Grafenberg (Kreis Reutlingen) getestet. „Die Idee ist dort gleich vom Start weg gut angenommen worden“, sagt er. Auch in Kohlberg seien in den ersten beiden Öffnungsstunden rund 100 Kunden gekommen. „Und das Interesse hat seither nicht nachgelassen“, sagt Christian Maresch unter Hinweis auf die unverändert hohe Nachfrage.

Auf knapp 70 Quadratmetern Verkaufsfläche bietet er in den Räumen einer ehemaligen Kreissparkassenfiliale jetzt 650 Artikel des täglichen Bedarfs an – vom Klopapier über Schreibwaren und Lebensmittel bis hin zu frischem Obst und Gemüse aus der Region. Zu den derzeit aus dem Boden schießenden Unverpackt-Läden in den größeren Städten grenzt sich Maresch bewusst ab. „Auch wenn wir mit unseren Frischprodukten einen regionalen und ökologischen Ansatz verfolgen, geht es uns mit Tante m in erster Linie darum, die Nahversorgung im ländlichen Raum zu gewährleisten – und nicht um einen zusätzlichen Bioladen wie in der Großstadt“, sagt er.

Auf eine Marktlücke gestoßen

Auf jeden Fall scheint der Unternehmer aus Pliezhausen (Kreis Reutlingen) mit seiner Idee in eine Marktlücke gestoßen zu sein. Die Nachfrage ist nicht nur im Laden, sondern auch in den Rathäusern groß. „Auf unserer Liste der potenziellen Standorte stehen derzeit 14 weitere Gemeinden“, sagt er. Im Landkreis Esslingen seien die Verhandlungen in Neckartailfingen und in Schlaitdorf bislang am weitesten gediehen.

Mareschs Worten zufolge ist das Konzept so ausgelegt, dass sich jede Einheit von Beginn an selbst trägt, zumal mit dem Personal der größte Kostentreiber wegfällt. Trotzdem brauche es rund zehn Läden, um die Organisations- und Bürokosten hereinzuspielen und nachhaltig in die Gewinnzone zu kommen. „Das Konzept ist darauf aufgelegt, Tante m zu einer Ladenkette auszubauen. Das Potenzial im ländlichen Raum ist auf jeden Fall da“, sagt Christian Maresch.

Das Personal der Postfiliale hilft im Notfall aus

In einem Tante-m-Laden scannt der Kunde seine Ware an der Kasse und zahlt dann den angezeigten Preis. „Man kann mit der Karte zahlen oder auch bar“, sagt Maresch. Dann allerdings nur mit dem passenden Kleingeld. In Kohlberg profitiert der Laden davon, dass auch eine Postfiliale integriert ist. Das dort angestellte Personal greift den Kunden unter die Arme – allerdings nur an sechs Tagen in der Woche und zu den üblichen Filialöffnungszeiten von vier Stunden täglich.

Auch die Idee vom Bürgerbüro lebt im Rathaus weiter. „Wir können uns vorstellen, dass der Tante-m-Laden später ins ehemalige Spritzenhaus der Feuerwehr zieht“, sagt Taigel. Das allerdings muss erst saniert werden. Und Voraussetzung dafür wiederum ist, dass der Antrag der Gemeinde um Aufnahme ins Landessanierungsprogramm positiv beschieden wird.