Der des Mordes Angeklagte versteckt sein Gesicht unter einer Jacke Foto: dpa

Er habe kein Vertrauen in den Rechtsstaat, er sei das Opfer eines Komplotts. Das sagt der 48-Jährige, dem die Staatsanwaltschaft den Mord an einem Mann und an einer Frau vorwirft.  

Stuttgart - Als der 1,96 Meter große Mann in Saal 1 des Landgerichts geführt wird, geht das Blitzlichtgewitter los. Das Gesicht des Günter H. wird jedoch nicht auf Pressefotos prangen. Der 48-Jährige mutmaßliche Doppelmörder verbirgt sich unter einer Jeansjacke. Er trägt Handschließen und Fußfesseln. Und er zeigt sich ziemlich redselig, nachdem die Vorsitzende Richterin die Kameras aus dem Saal verbannt hat.

„Die Leichen sind manipuliert“, sagt Günter H. Er sei mitnichten des Doppelmordes schuldig. „Schon in meiner ersten Beschuldigtenvernehmung habe ich die Karten auf den Tisch gelegt – jetzt sind die Karten gezinkt“, fährt der Mann fort. Er sei Opfer eines Komplotts, das alles sei ein abgekartetes Spiel. Und überhaupt habe er kein Vertrauen in den Rechtsstaat. Dreimal sei er wegen Körperverletzung verurteilt worden – 2001, 2008 und 2012. Und immer seien es Fehlurteile gewesen. „Ich mache mir keine Illusionen. Hier kommt am Ende die Sicherungsverwahrung gegen mich heraus.“ Er habe keine Chance, so Günter H., der seine Unschuld mehrmals beteuert.

Den Leichen des 50-jährigen Peter G. und der 47-jährigen Sylvie C. seien nachträglich Stichwunden zugefügt worden, so der Angeklagte. Auch habe man bewusst die Kühlkette unterbrochen, um die Verwesung zu beschleunigen. Und dies alles, um ihn als Mörder, ja als Doppelmörder hinstellen zu können. Warum? „Aus Präventionsgründen“, sagt Günter H. Er erläutert nicht, wie er dies meint.

Der Staatsanwalt sagt, Günter H. habe seinen Zechkumpanen aus dem Obdachlosenmilieu in seiner Wohnung in Stuttgart-Ost in der Nacht auf den 30. Mai 2014 mit einem Feuerlöscher erschlagen – heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen, weil Peter G. der Beziehung mit Sylvie C. im Weg stand. Dann jedoch habe auch die 47-jährige Frau sterben müssen.

Sie habe den Angeklagten abgewiesen. Um den ersten Mord zu verdecken, habe Günter H. den zweiten Mord begangen. Er habe die Frau erstochen.

Das männliche Opfer erschlagen, die Frau erstochen? „Die Opfer wurden beide stranguliert“, sagt Günter H. Die Leichen seien manipuliert worden, um ihn zu belasten, wiederholt er. Er sieht sich als Justizopfer. Ohne Punkt und Komma erzählt er seine Version. Peter, Sylvie und er seien mit dem Bus zu seiner Wohnung im Osten gefahren, um zu zechen. Er kenne Peter vom Ostendplatz schon länger. Sylvie habe ihn nie interessiert, er habe nie eine Beziehung mit ihr gewollt, er habe sie kaum beachtet.

In seiner Zweizimmerwohnung habe man Bier getrunken. Plötzlich sei ihm merkwürdig geworden. Er mutmaßt, er müsse betäubt worden sein. Also habe er sich eine Decke geschnappt und sich ins Nebenzimmer verzogen. „Ich hatte einen Blackout.“ Irgendwann will er Geräusche gehört haben. „Im Wohnzimmer habe ich gesehen, wie Sylvie ihm den Feuerlöscher ins Gesicht rammte.“ Da sei Peter G. aber schon tot gewesen. Die Frau habe einen Hass auf den 50-Jährigen gehabt. Günter H. sagt etwas von Erpressung. Genau wisse er es aber nicht. „Ich war wie paralysiert“, so der Mann vor der 1. Strafkammer.

Es wird noch schräger. Nachdem sie den 50-Jährigen getötet hatte, so der Angeklagte, habe die Frau ihm eröffnet, Hunger zu haben. „Es war wie ein Befehl“, sagt Günter H., 1,96 Meter groß und kräftig. Sylvie C. war 1,66 Meter groß und wog kaum 60 Kilogramm. Also sei man mit dem Taxi in ein Lokal an der Haußmannstraße gefahren, weil der Dönerladen an der Ecke zu gewesen sei. In dem Lokal sei die Frau „wie befreit“ gewesen, ja „rundum zufrieden“, so Günter H. „Sie ist abgegangen wie eine Rakete“, sagt der Angeklagte, die 47-Jährige habe sich an der Situation regelrecht „aufgegeilt“. Man habe griechische Fleischspießchen – Souflaki – gegessen und Ouzo getrunken. Dann habe die Frau unbedingt wieder mit ihm in die Wohnung kommen wollen. Dort habe sie ihm schließlich Sex angeboten, er habe dankend abgelehnt und habe sich hingelegt. Nebenan lag die Leiche des Peter G.

Als er später ins Wohnzimmer geschaut habe, will er Sylvie C. tot gefunden haben. „Sie hat sich mit einem Spanngurt selbst stranguliert“, so Günter H.

Aus Wut über die Situation habe er der toten Frau ein Messer ins Schulterblatt gerammt. Die anderen Stichverletzungen seien manipuliert – darauf besteht er.

Anschließend habe er die Leichen entkleidet und in die Koffer gelegt. Die Koffer habe er erstmal in die Duschwanne gestellt, weil Blut und andere Flüssigkeit herausgetropft sei. Die Kleidung und die anderen persönlichen Dinge der Opfer habe er in fremde Hausmülltonnen geworfen. Mit dem Fahrradanhänger habe er die Koffer dann in zwei Touren in den Schlossgarten gebracht. „Ich bin ein friedlicher Mensch“, sagt Günter H., der zu seiner Vita keine Angaben macht. Jeder Mensch habe das Recht auf körperliche Unversehrtheit, so der des Doppelmordes Angeklagte. Der Prozess wird am 11. Februar fortgesetzt.