Einige der Erst- und Zweitklässler hatten sich für das gemeinsame Mittagsmahl in Schale geworfen. Foto: Martin Braun

Bitte, danke, guten Appetit – in einem Knigge-Kurs lernen die Erst- und Zweitklässler der Maria-Montessori-Schule Hausen Benimm und Etikette. Dabei können Eselsbrücken hilfreich sein – auch wenn dort falsche Freunde lauern.

Stadtmitte - Es ist kurz nach 13.30 Uhr an einem Dienstagmittag, als 92 Erst- und Zweitklässler der Maria-Montessori-Grundschule Hausen im Casino der Volksbank Stuttgart Platz genommen haben, um zusammen zu Mittag zu essen. Das gemeinsame Mahl – gemischter Salat, bunte Pasta mit Tomatensoße und ein Obstsalat zum Dessert – ist der Höhepunkt des Knigge-Kurses, den die Mädchen und Buben an ihrer Schule gemacht haben. Begrüßt werden die jungen Gäste vom Vorstandsvorsitzenden der Stuttgarter Volksbank, Rudolf Zeisl. Beim Essen müsse man gewisse Regeln einhalten, sagt Zeisl und geht dabei mit gutem Beispiel voran: „Ich weiß, dass man vorher nicht zu lange reden soll, sonst wird das Essen kalt“, sagt er und wünscht einen guten Appetit.

„Wir sind eine Ganztagsschule, da ist das gemeinsame Mittagessen Bestandteil des täglichen Ablaufs“, sagt Angelika Müller-Zastrau, die Schulleiterin der Grundschule im Weilimdorfer Stadtteil Hausen. Damit die Mahlzeiten der Grundschüler nicht in Chaos ausarten, seien gewisse Regeln erforderlich. „Ich will nicht sagen, dass die Sitten verrohen, aber manchmal geraten sie in Vergessenheit“, sagt Müller-Zastrau. Dass während des Essens nicht herumgetobt werde, sei nicht für alle Kinder selbstverständlich; bei manchen gebe es daheim in den Familien keinen Esstisch. Früher sei es in der Schule beim Essen daher teils recht laut und chaotisch zugegangen, und so sei die Idee entstanden, für die Erst- und Zweitklässler einen Knigge-Kurs einzuführen.

Es soll ein Buch zum Knigge-Kurs erscheinen

Angeboten wird der von Gudrun Weichselgartner-Nopper, die sich auf Knigge-Seminare für Kinder und Jugendliche spezialisiert hat. „Essen ist ein Gesellschaftsritual“, sagt die Benimm-Trainerin. Dabei geht es nicht nur um Nahrungsaufnahme, sondern auch darum, etwas gemeinsam zu tun. Sie bringt den Kindern die Regeln bei, die den Rahmen für dieses Ritual bilden. Beispielsweise, dass die Gabel, die auf ‚L‘ endet, links vom Teller liegt, und das Messer, mit einem ,R‘ am Ende, rechts. Der Löffel jedoch ist ein falscher Freund: Er liegt rechts neben dem Teller. Mit solcherlei Eselsbrücken könnten Missverständnisse vermieden werden, sagt Weichselgartner-Nopper. Schließlich seien oft gar nicht unbedingt schlechte Manieren, sondern verschiedene kulturelle Hintergründe die Erklärung für unterschiedliche Verhaltensweisen der Kinder. So habe etwa eine Schülerin einmal erzählt, dass es bei ihr daheim gar kein Besteck gebe, weil ihre Familie mit der Hand esse. „Oder in China beispielsweise ist Schmatzen wichtig, um dem Koch zu zeigen, dass es schmeckt.“

Im Knigge-Kurs gehe es aber nicht nur um das Benehmen bei Tisch, sondern auch um viele andere Verhaltensregeln, sagt die Schulleiterin Müller-Zastrau. Und auch die Unterstützung der Stuttgarter Volksbank reiche über die Einladung zum Mittagessen hinaus: „Wir wollen ein Knigge-Buch herausgeben“, sagt Müller-Zastrau. Dafür haben die Schüler im Kunstunterricht Bilder zu typischen Situationen gemalt, die sie im Knigge-Kurs behandelt hatten. Sie zeigen beispielsweise, wer wen begrüßt oder dass man nicht popeln soll. Für die einzelnen Kapitel hat die Illustratorin Tina Krehanjeweils passende Symbole entworfen. Sie kümmert sich auch um die grafische Gesamtgestaltung des Buches. Die Bilder wolle sie möglichst unbearbeitet übernehmen, sagt Krehan: „Die Kunstwerke sollen ihren Charme behalten. Es geht darum, dass alles aus einem Guss ist.“