Julia Klöckner reagiert auf die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Foto: dpa

Erstmals nach der Landtagswahl meldet sich die CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner in der Aussprache der Ministerpräsidentin Malu Dreyer zurück.

Mainz - Julia Klöckner redet gar nicht erst um den heißen Brei herum. Dass es ihre Partei bei der Landtagswahl im März in Rheinland-Pfalz nicht geschafft hat, die Oppositions- mit der Regierungsbank zu tauschen, ist „für uns eine große Enttäuschung“, sagt die alte und neue CDU-Fraktionschefin am Donnerstag im Mainzer Landtag gleich zu Beginn ihres einstündigen Beitrags. Als Hauptrednerin in der Aussprache über die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) meldet sich Klöckner auf der landespolitischen Bühne zurück.

Das Bisherige mit gelber Zusatzfarbe

Dabei spart sie erwartungsgemäß nicht mit beißender Kritik an der Ampelkoalition, die nichts anderes sei als „das bisherige Rot-Grün mit einer gelben Zusatzfarbe“. Immer wieder nimmt sich die die CDU-Politikerin den neuen Wirtschaftsminister Volker Wissing von der FDP vor, mit dem zusammen sie selbst gerne eine neue Regierung gebildet hätte. Von „verschmähter Liebe“ spricht später SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer.

Zu Recht vermissten selbst gestandene FDP-Mitglieder die liberale Handschrift im Koalitionsvertrag - das ist noch der mildeste Vorwurf Klöckners. Genüsslich zitiert sie den Altliberalen Rainer Brüderle, der als jetziger Landesvorsitzender des Bunds der Steuerzahler die Schaffung eines zusätzlichen Ministeriums durch die Ampelkoalition scharf kritisiert hat. „Aus ‚Der macht den Haushalt’ wurde ‚Der macht die Augen zu’“, ruft Klöckner in Anspielung auf Wissings Wahlkampfslogan aus. Und auch beim Ausbau der Windkraft sei die FDP eingeknickt.

Urheberin des Integrationsgesetzes

Klar ist nach der kämpferischen Rede jedenfalls: Klöckner ist seit Donnerstag wieder da in der rheinland-pfälzischen Landespolitik. Nach der Wahl hatte sie zuvor fast alle landespolitischen Statements dem CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder oder den zuständigen Fachsprechern der Mainzer Landtagsfraktion überlassen. Sie selbst äußerte sich fast ausschließlich in ihrer weiteren Funktion als stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, etwa zum Integrationsgesetz der großen Koalition, für das sie auch gestern wieder die eigene Urheberschaft reklamierte.

Die landespolitische Zurückhaltung nährte schon Spekulationen, Klöckner wolle 2017 für den Bundestag kandidieren und nach Berlin zurückkehren, wo sie schon einmal Parlamentarische Staatssekretärin im Verbraucherministerium war.

Doch sie selbst erklärt die wochenlange Zurückhaltung anders: „Die ersten Stunden nach einer Wahl sind nicht die Stunden der Opposition“, sagt Klöckner. Doch die sind ja jetzt vorbei, und so spart sie nicht mit Kritik, ohne aber in allzu scharfe Wahlkampfpolemik zurückzufallen. Sie gratuliert Dreyer nochmals zur Wiederwahl und verspricht das Eintreten für eine „Politik mit Augenmaß“. Scharf geißelt sie aber die Aufteilung der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium, bemängelt nach wie vor zu wenig Polizei, zu wenig Geld für die Kommunen und fordert klarere Aussagen zum Straßen- und Brückenbau ein. Der AfD erteilt Klöckner erneut eine klare Absage, mit ihr gebe es keine Koalition in der Opposition.

Immigranten und Rentner

An dieser Stelle hört der Beifall der 14 AfD-Abgeordneten für Klöckners Rede abrupt auf. Deren Fraktionschef Uwe Junge verspricht für seine Partei eine „Politik für den eigenen Bürger – hart in der Sache, moderat im Ton“. Doch dann löst er Empörung mit dem an die Koalition gerichteten Satz aus: „Es entsteht bei immer mehr Bürgern der Eindruck, als sei Ihnen der ungebildete marokkanische Immigrant wichtiger als die deutsche Rentnerin, die ihr Leben lang geschuftet hat.“ Auch mit dem Ausruf „Machen Sie endlich Politik für das eigene Volk“ erfüllt der Rechtspopulist die Erwartungen. Gelassen bleibt Landtagsvizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund (SPD) aber, als ein AfD-Abgeordneter bei der Rede von SPD-Fraktionschef Schweitzer Zwischenrufe wie „Brandstifter“ und „Hetzer“ macht. Sie verzichtet auf eine Rüge, kündigt aber an, allen Fraktionen eine Liste der mit Ordnungsrufen belegten Ausdrücke zukommen lassen.

Ansonsten demonstrieren die neuen Koalitionspartner FDP und Grüne Einigkeit - auch mit gegenseitigem Beifall. FDP-Fraktionschef Thomas Roth versichert, das Ampelbündnis nehme den Wählerauftrag an und werde die Regierungsarbeit geräuschlos, effizient und zuverlässig gestalten. Klöckners Vorwurf mangelnder FDP-Handschrift kontert er mit dem Hinweis, es sei „die Handschrift einer Koalition, deren Mitglieder sich als gleichberechtigte Partner verstehen“. Sein Grünen-Amtskollege Bernhard Braun räumt ein, diese Koalition habe „sich nicht gesucht, aber gefunden“. Sie habe den Wählerwillen respekiert und eine stabile Regierung gebildet, „vielleicht über die fünf Jahre hinaus“.

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