Der Gletscher Okjökull wurde von Island nun für tot erklärt. Foto: dpa

Island trägt offiziell seinen ersten abgeschmolzenen Gletscher zu Grabe. Bei einer Abschiedszeremonie werden eindringliche Warnungen vor dem Klimawandel laut.

Okjökull - Beerdigung für eine Masse Eis: Island hat offiziell Abschied vom Gletscher Okjökull genommen. Mit Gedichten, Schweigeminuten und flammenden politischen Appellen zum Kampf gegen den Klimawandel erinnerten Aktivisten, Regierungsvertreter und andere Teilnehmer am Sonntag an den ersten abgeschmolzenen Eisriesen auf der Insel im Nordatlantik. Anwohner beschworen die Zeit, als sie noch kristallklares Wasser aus dem Tausende Jahre alten „Ok“ trinken konnten.

Der isländische Geologe Oddur Sigurdsson sagte, der frühere Gletscher habe sich einmal über 15 Quadratkilometer erstreckt. Den Okjökull hatte er schon vor rund zehn Jahren für tot erklärt.

Zur Zeremonie brachte Sigurdsson nun medienwirksam eine offizielle Sterbeurkunde für den ehemaligen Gletscher mit. Rund 100 Menschen unternahmen eine zweistündige Klettertour auf den Vulkan, wo früher die Eismasse thronte. Kinder brachten dort eine Gedenktafel für „Ok“ an - ohne den Zusatz „jökull“ für das isländische Wort für Gletscher. Die 17-jährige Gunnhildur Hallgrimsdottir sagte, sie wisse, dass ihre Enkelkinder sie einmal fragen würden, wie dieser Tag gewesen sei und warum sie nicht genug getan habe.

Auf der Erinnerungstafel für „Ok“ findet sich denn auch eine Botschaft an die zukünftigen Generationen: „Dieses Ehrenmal soll anerkennen, dass wir wissen, was vor sich geht und was getan werden muss. Nur ihr werdet wissen, ob wir es getan haben.“

Islands Premierministerin Katrin Jakobsdottir fand deutliche Worte. „Wir sehen die Konsequenzen der Klimakrise“, erklärte sie. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Dem Klimawandel werde sie auch bei einem Treffen von nordeuropäischen Regierungschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Reykjavik Priorität einräumen, sagte Jakobsdottir.

Geologe Sigurdsson hat vorhergesagt, dass Island in den nächsten 200 Jahren alle seine Eismassen verlieren wird.