Der Blick geht in die Baumkronen: Rund 30 Waldinteressierte haben am Rundgang teilgenommen und sich von Revierförster Eckard Hellstern informieren lassen. Foto: Thomas Krämer

Das Waldsterben in den 1980er Jahre hat man technisch in den Griff bekommen. Der Klimawandel jetzt ist allerdings viel ernster. Ein Rundgang zeigt, wie er sich bereits auf den Forst auf der Filderebene auswirkt und was noch zu erwarten ist.

Plattenhardt - Dürre Äste, keine Nadeln an der Spitze: Revierförster Eckard Hellstern ist überzeugt davon, dass dieser Lärche auf dem Weilerhau in Plattenhardt die Dürre und Hitze des Sommers zu schaffen gemacht haben. Nur wenige Meter entfernt steht eine Traubeneiche, durch deren Krone man hindurch schauen kann. Kein gutes Zeichen für den Förster. Denn eigentlich war erwartet worden, dass die Eiche mit höheren Temperaturen zurechtkommt und eine hohe Klimastabilität zeigt.

Wie wirkt sich der rasche Klimawandel auf den Wald aus? Zur Klärung dieser Frage hatte Matthias Gastel am Samstagnachmittag zu einem Waldrundgang eingeladen. Das Waldsterben in den 1980er Jahren habe technisch gelöst werden können, so der Bundestagsabgeordnete der Grünen. „Jetzt haben wir es mit einer globalen Thematik zu tun, der schnellen Erderwärmung und der Veränderung von Wetterphänomenen“, so Gastel.

2018 und 2019 habe es deutlich mehr Sonnenstunden gegeben, es war in jedem Monat durchschnittlich 1,5 bis 2,5 Grad wärmer, betont Hellstern. Und das bei 450 Millimetern Niederschlag im vergangenen Jahr. „Normal wären hier 700 bis 750“, sagt der Förster und bezieht sich damit auf die langjährigen Aufzeichnungen.

Der Borkenkäfer macht den Bäumen zu schaffen

Während die Bäume unter Trockenheit, Hitze und intensiver Sonneneinstrahlung leiden, profitieren andere Lebewesen davon. Seit etwa fünfzehn Jahren merke man, dass sich in der Insektenwelt etwas tut. „Je wärmer es wird, desto höher ist die Vermehrungsrate bei den Insekten. Und der Nachwuchs braucht etwas zu fressen, knabbert die Pflanzen an, deshalb bekommen die Bäume Probleme“, sagt Hellstern. Das gelte nicht nur für die verschiedenen Borkenkäferarten, die in den unterschiedlichen Baumarten leben, sondern auch für den Eichenprozessionsspinner, der in diesem Jahr nicht nur auf dem Weilerhau zu finden war.

Hitze, Trockenheit und starker Insektenbefall: „Diese drei Faktoren bringen die Bäume an ihre Grenzen“, sagt der Forstmann. Wie lange die Pflanzen das noch aushalten, könne auch er nicht sagen. Auf dem Weg hinunter zum Bärensee weist er die rund 30 Waldinteressierten auf eine Buche hin, an der viele Samen zu sehen sind. Für Hellstern ist das ein Alarmsignal. Dann noch eine Esche mit abgestorbenen Ästen: Eschentriebsterben, das durch ein Pilz verursacht wird. „Dieser Baum wird keine Überlebenschance haben“, so seine Prognose. Den Pilz habe es schon immer gegeben, aber durch die Hitze hätte der Befall ganz andere Auswirkungen.

Die Fichte hat künftig nur an wenigen Stellen eine Chance

Dabei habe man in Filderstadt noch Glück, so der Forstexperte. Denn auf den Lösslehm auf dem Boden folge Sandstein, in dem tonhaltige Schichten eingelagert sind. „Und die können Wasser halten“, erklärt er. Die Bäume würden deshalb auch einmal eine längere Trockenperiode durchhalten. Aber das habe seine Grenzen. „Das Defizit im vergangenen Jahr hat man in dieses Jahr mitgenommen, weshalb alle Baumarten Probleme hätten“, sagt er.

Die Fichte zum Beispiel, der er auf den Fildern künftig nur an wenigen Stellen eine Chance gibt. Vor allem auch die Buche, die selbst im Inneren des Waldes dürre Äste bekomme und nicht nur an den der Sonne ausgesetzten Südrändern. „Die Buche ist eine der empfindlichsten Baumarten, die wir haben“, sagt er. Dabei sollte sie der Lehrmeinung nach an vielen Stellen die beherrschende Baumart sein. „Sie wird es weiter geben, aber eher verbuscht“, prophezeit er. Selbst die eigentlich wärmetolerante Eiche leidet, obwohl auf ihr einmal alle Hoffnungen ruhten, wenn Forstleute über den Klimawandel sprachen.

Doch wie darauf reagieren? Eine schwierige Aufgabe für die Förster, da die Bäume Jahrzehnte zum Wachsen brauchen. Hellstern setzt auf Naturverjüngung, auf das Potenzial, das in seinem Mischwald steckt. Allerdings sei der Rehwildbestand hoch, formuliert er diplomatisch und lässt durchblicken, dass er auf mehr Abschüsse durch die Jäger hofft. Ein Freund künstlicher Pflanzungen ist er nicht. Wegen der hohen Kosten, aber auch wegen der Plastikröhren, die die jungen Bäume schützen – vor den Rehen, die eben Feinschmecker sind. Doch sie gehören laut Hellstern nicht in den Wald.