Das Kölner Unternehmen Lebenslust hat das erste klimaneutrale Kondom auf den Markt gebracht. Benutzte Kondome seien "gut zu kompostieren und voll abbaubar".

Stuttgart - Am Anfang ist der Baum. Hevea brasiliensis heißt der Kautschuk-Rohstofflieferant, dessen angeritzte Rinde einen Milchsaft produziert, der tränenreich aus dem Stamm sickert. In kleinen Schüsselchen, die mit Draht an den Bäumen befestigt sind, wird der Milchsaft Tropfen für Tropfen aufgefangen. Es ist der Stoff, aus dem Latex hergestellt wird.

Auch das Ausgangsmaterial für die Kondome der Lebenslust wird auf einer Plantage im indischen Kerala auf diese Weise gewonnen. Der entscheidende Unterschied: Die indischen Arbeiter werden anständig bezahlt, sagt Oliver Gothe, Projektentwickler von Lebenslust. Sie erhalten eine medizinische Grundversorgung, und es gibt keine Kinderarbeit. Weil das jeder behaupten kann, wacht der britische Zertifizierer Fair Deal Trading darüber, dass die Kautschukgewinnung auch tatsächlich den Richtlinien des fairen Handels entspricht.

Jetzt werden die indischen Plantagenarbeiter und ihre Familien mit Solarkochern ausgerüstet. Die neue Gerätschaft ist Teil der Kompensationsleistungen, mit denen das Kölner Unternehmen unvermeidbare Emissionen von Treibhausgasen bei Herstellung und Vertrieb seiner Lümmeltüten ausgleichen will. Ein Aufforstungsprojekt in Mecklenburg-Vorpommern, das Lebenslust mit Waldaktien unterstützt, ist ein anderer Teil der Wiedergutmachung für Klimaschäden. Die Emissionen, die ein Kondom verursacht, haben die Kölner im Mai dieses Jahres berechnen lassen. Danach belastet jedes Exemplar bei Herstellung und Transport die Erdatmosphäre mit 0,08 Kilogramm Kohlendioxid. Auf die Jahresproduktion von fünf Millionen Stück hochgerechnet, ergibt sich ein jährlicher Kompensationsbedarf von 400 Tonnen CO2, der durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden muss.

Darüber hinaus versucht Oliver Gothe, die treibende Kraft hinter dem grünen Kondom, die Emissionen so niedrig wie möglich zu halten. Der 40-Jährige hat das Unternehmen auf Ökostrom und umweltfreundliches Büromaterial umgestellt, er hat überall Energiesparlampen reingedreht und nutzt Fahrradkuriere, wo immer es geht. Die nächste Verbesserung sind biologische Verpackungsmaterialien und Mehrwegsysteme für den Transport zu den Kunden.

Und was sagen die Verbraucher zum klimaneutralen Kondom? "Die finden das interessant", sagt Gothe, "da öffnet sich ein anderer Blickwinkel." Das Unternehmen selbst ist jedenfalls ziemlich stolz auf "ein tolles Produkt", das im Zeitalter von Aids eine wachsende Bedeutung erfahren hat.

Benutzte Kondome werden allerdings selbst von der ökobeseelten Lebenslust nicht recycelt, dafür sind sie "gut zu kompostieren und voll abbaubar". Beim Klimaaktionstag im Oktober 2009 haben die Kölner ihre umweltfreundlichen Lümmeltüten gratis unters Volk gebracht. Und sind dabei auch vor einer für die brave Umweltbewegung womöglich gewöhnungsbedürftigen Aussage nicht zurückgeschreckt: "Vögeln für den Klimaschutz!"