Verbraucher sollten im Supermarkt auf den Herkunftsnachweis schauen, wenn sie wirklich regionales Wildfleisch wollen. Foto: dpa/Lino Mirgeler

Rehbraten und Wildschweingulasch stehen auf den Tellern hoch im Kurs – wegen ihrer Herkunft aus dem Wald nebenan. Die echte lokale Herkunft kann in Restaurants und Supermärkten jedoch nicht das ganze Jahr über gewährleistet werden.

Filder - Wer früher die Waldschänke zur Distelklinge in Plattenhardt besucht hat, der ließ sich eines nicht entgehen: einen Blick ins Wildgehege zu ergattern. Dort sagten sich bis ins Jahr 1999 Rot- und Damwild sowie Hasen gute Nacht. Damals gehörte das Restaurant dem Großvater von Beate Kapaun. Sie wuchs mit Wild auf: „Für mich war immer klar, dass das schön anzusehen ist, aber dass man die Tiere auch isst.“

Kein Wunder also, was an ihrer Hochzeit aufgetischt wurde: ein deftiger Wildschweinbraten. Heute führt Kapaun selbst das Restaurant, und eines steht für sie fest: „Für mich gehört Wild einfach auf die Speisekarte.“ Und nicht nur für sie: 60 Prozent der Deutschen essen einer Umfrage des Deutschen Jagdverbands aus dem Jahr 2017 zufolge mindestens einmal im Jahr Wildfleisch. Demnach ist die Beliebtheit von Wild gestiegen, denn das sind 25 Prozent mehr als noch im Jahr 2008.

Nicht nur die Restaurantbetreiberin Kapaun kann diese Aussage unterschreiben. Wolfgang Hinderer, Hegeringleiter Filder in der Jägervereinigung Esslingen, bekommt eine erhöhte Nachfrage nach Wild ebenfalls zu spüren: „Der Trend geht allgemein in Richtung Regionalität: Und Reh ist Natur pur“, sagt er.

Keine Fahrt zum Schlachter

Bis zu seinem Tod lebt das Reh in freier Wildbahn: Es ernährt sich folglich von dem, was es im Wald findet – anders als Tiere in Stallhaltung, deren Futter außerdem oft Medikamente zugesetzt werden. „Das Wild wird außerdem stressfrei erlegt: Es muss keine Fahrt zum Schlachter hinter sich bringen“, sagt Hinderer.

Und auch die Klimadebatte begünstigt die Nachfrage nach Wild. Denn während Fleisch insgesamt nicht nur angesichts von Massentierhaltung, sondern auch aufgrund der schlechten Klimabilanz in der Kritik steht, besticht Wild durch seine in der Regel regionale Herkunft. Des Weiteren gilt es als klimafreundlich: Anders als für die Rindfleischproduktion müssen hierfür keine Wälder in Südamerika abgeholzt werden, die Transportwege vom Schönbuch zum Restaurant halten sich in Grenzen. Vorausgesetzt, das Wildbret stammt wirklich von frei lebenden Tieren aus der Region.

Das natürliche Aufkommen von Wild ist begrenzt: „Wir handeln nachhaltig und schöpfen nur so viel ab, wie jährlich zuwächst“, sagt Hinderer. Außerdem müssen sich die Jäger an die Schonzeiten halten, die sich je nach Art unterscheiden. Vor allem im Frühjahr dürfen die meisten Tiere deshalb nicht erlegt werden.

Woher kommt das Wildfleisch wirklich?

„Im Filderraum können wir die Wirtschaften und Privatpersonen abdecken. Bei großen Supermärkten wird es schwierig“, sagt er. Wer nicht selbst direkt beim Jäger Wild erwirbt, für den lohnt es sich deshalb, beim Einkaufen, einen Blick auf die Herkunft des Wildbrets zu werfen oder im Restaurant nachzufragen. So kann man sicherstellen, dass das Wild wirklich aus dem Wald nebenan und nicht aus anderen Ländern importiert wurde, zum Beispiel aus Neuseeland.

„Vor allem in der Weihnachtszeit kommt man mit Lieferungen kam mehr nach“, sagt Hinderer. Das ist die Zeit, in der auch Beate Kapaun in der Plattenhardter Distelklinge Wild auftischt. Wer im Sommer mit Gelüsten auf einen Rehbraten das Restaurant aufsucht, der wird enttäuscht. Erst von Anfang Dezember an findet sich hier Wild auf der Karte. Ein Grund ist, dass es für Kapaun eher ein typisches Wintergericht ist: Zum Wildgulasch oder Wildbraten serviert sie Knödel, Haselnussspätzle und Apfelrotkraut. Der begrenzte Zeitraum hat aber noch einen anderen Grund: „Wenn ich die Gerichte nur zwei Monate lang anbiete, kann ich garantieren, dass das Wild von hier kommt. Sobald ich es das ganze Jahr anbieten will, geht das kaum“, sagt sie. Zwar könne man Wild bedenkenlos einfrieren, doch den Platz benötige sie anderweitig, sagt Kapaun.

Beim Wild gibt es das Bewusstsein für Regionalität noch

Deshalb kann es sein, dass die Gäste auch mal kein Wild auf der Karte vorfinden, das war erst vor ein paar Jahren der Fall: „Es war ein milder Winter, und die Jäger konnten nichts schießen, mir also auch nichts anbieten“. Aus dem Großhandel zuzukaufen, kommt für sie nicht in Frage. „Wir reden immer über den Klimaschutz, essen aber rund ums Jahr Erdbeeren, Zucchini und Ananas. Beim Wild dagegen herrscht noch ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Regionalität“, sagt sie.

Dieses Bestreben unterstützt Hinderer: „Wild sollte nicht jeden Tag auf der Karte stehen, sondern etwas Besonderes sein“, sagt er. Trotzdem müsse man im Sommer nicht darauf verzichten. Wildschweine beispielsweise dürfen stetig gejagt werden. Und daraus hergestellte Produkte sind nicht nur im Winter eine Delikatesse, sagt er: „Wildwürste sind der Renner. Und auch beim Grillen kommt Wild gut an.“