Keine Angst, bei den durch die Besucher durchgeführten Operationen im Kirchheimer Krankenhaus ist kein Mensch zu Schaden gekommen. Foto: Horst Rudel

Wie es hinter den Kulissen des Krankenhauses zugeht, haben Besucher am Tag der offenen Tür erleben können. Im neuen Psychiatrietrakt werden sie in die Welt von Menschen hineinversetzt, die unter Schizophrenie oder Depressionen leiden.

Kirchheim - Vieles läuft im Verborgenen ab. Jene Türen des Krankenhauses in Kirchheim, die für Besucher, Patienten und selbst für die meisten Angestellten gewöhnlich verschlossen bleiben, wurden am Sonntag geöffnet. Im Rahmen einer Krankenhausrallye konnten Besucher am Tag der offenen Tür von den Krankenwagen vor dem Eingang über die Wäscheausgabestelle bis hin zu den Technikräumen einen Rundgang durch die langen Flure und die vielen Abteilungen des Hauses unternehmen.

Während der Erkundung wurden auch die neuen Räume der psychiatrischen Abteilung präsentiert. Auf vier Stockwerken werden dort zukünftig bis zu 134 Patienten auf sechs Stationen behandelt. Damit wurde Zahl der Plätze für eine stationäre psychiatrische Behandlung um zehn erhöht. Die Zahl der Fälle in diesem Bereich nehme zu, sagt die Pressesprecherin Iris Weichsel. Insgesamt haben die Medius-Kliniken 17,9 Millionen Euro in den neuen Gebäudetrakt investiert, in welchem neben der Psychiatrie auch ein Tagespflegebereich mit 18 Plätzen eingerichtet ist. Der alte Standort der Psychiatrie an der Stuttgarter Straße in Nürtingen soll dem Wohnungsbau weichen. An diesem Dienstag sollen die Patienten von dort nach Kirchheim umziehen.

Andrang am „Schizophrenieraum“

Während des Tags der offenen Tür herrscht besonders am „Schizophrenieraum“ großer Andrang. In einem Schauladen können die Gäste einen Eindruck gewinnen, mit welchen Problemen daran erkrankte Menschen im Alltag zu kämpfen haben. Die Gäste bekommen einen Kopfhörer und sollen Artikel von einer Liste in ihrem Einkaufswagen sammeln. Dabei hören sie Stimmen über den Kopfhörer, die ihnen wirre Dinge einreden. Gleichzeitig simulieren Statisten des Krankenhauses die visuellen Störungen, unter denen diese Patienten oft leiden. Sie hören und sehen Dinge, die real nicht existieren. Dadurch werden gewöhnliche Alltagshandlungen erschwert.

Im „Depressionsraum“ erfahren die Besucher, wie sich unter dieser Krankheit leidende Menschen fühlen. „Alles ist grau, sie sehen das Licht am Ende des Tunnels nicht“, erklärt die Fachkrankenschwester Brigitte Thurn. Die Besucher bekommen für das Nachempfinden eine Bleiweste um, die sie nach unten zieht. Darüber hinaus erhalten sie über einen Kopfhörer negative Gedanken vermittelt, wie sie viele Menschen mit einer Depression umtreiben. Die Folgen könnten so weit gehen, dass es den Patienten beispielsweise nicht mehr gelinge, eine Kaffeetasse abzustellen, erklärt Thurn.

Selbst operieren leicht gemacht

Während die Behandlung bei solchen Krankheiten oft aus einer Kombination aus Medikamenten und einer Psychotherapie besteht, geht es im Operationssaal um die Kunst des Schneidens, Sägens und Schabens. Einer der vier Operationssäle des Krankenhauses wurde eigens für den Tag der offenen Tür freigegeben. „Diesen Raum sieht normalerweise nur das OP-Personal“, sagt die Narkosekrankenschwester Elke Bazle. Die Patienten werden bei Operationen bereits narkotisiert in diesen Raum geschoben. Nebenan demonstriert der Gynäkologe Johannes Zeisberger eine Bauchoperation. Dabei arbeitet er mit kleinen Greifarmen, die in Röhrchen durch die Bauchdecke ins Innere der Patienten gelangen. Mit einer Kamera sieht der Arzt, was er unter der Bauchdecke tut. Am Tag der offenen Tür ging es aber nur darum, mit den Instrumenten Gummibärchen unter einem Laken zu köpfen. Wer wollte, durfte sein Operationsgeschick selbst testen.

Von den verbliebenen drei Standorten der Kreiskliniken ist Kirchheim nun der größte. Nach der Aufgabe des Plochinger Krankenhauses und der Psychiatrie in Nürtingen ist das Kirchheimer Haus auf 434 Betten angewachsen. An den Standorten im Ostfilderner Stadtteil Ruit und auf dem Säer in Nürtingen gibt es 280 beziehungsweise 331 Betten.