Der Papst soll an einem Hirntumor leiden. Alles frei erfunden, dementiert der Vatikan. Foto: dpa

Am Sonntag geht die Bischofssynode im Vatikan zu Ende. Was sie gebracht hat, wird fast zur Nebensache, nachdem Gerüchte über eine ernste Erkrankung von Papst Franziskus in Umlauf gebracht wurden.

Stuttgart - Gerüchte können eine angespannte, fragile Stimmung zum Kippen bringen. Deshalb werden sie auch bewusst gestreut. Wie jüngst während der Weltbischofssynode im Vatikan, von der niemand so genau weiß, was auf ihr eigentlich abgeht. Oder ob überhaupt etwas abgeht.

Das Wort Gerücht stammt vom griechischen „pheme“. Der antike Dichter Hesiod (um 700 v. Chr.) beschreibt sie wie folgt: „Pheme ist ihrer Natur nach böse, leicht, oh so leicht aufzulesen, aber schwer zu tragen und kaum mehr abzulegen. Sie verschwindet nie völlig, sobald sie großgeredet ist von der Menge.“

Diffus, unverbürgt – und von großem öffentlichem Interesse

Die Meldung, dass Papst Franziskus angeblich an einem Hirntumor leide, ist eine solche „pheme“, ein Gerücht – diffus, unverbürgt und doch von großem öffentlichen Interesse. Ein Gerücht muss nicht einmal im Ansatz stimmen, kann vollkommen aus der Luft gegriffen und barer Unfug sein. Völlig egal. Einmal in der Welt setzt es Mechanismen in Gang, die kaum noch zu beeinflussen und steuern, geschweige denn revidierbar sind.

Wenige Tage vor dem Ende der römischen Bischofssynode hat die italienische Tageszeitung „Quotidiano Nazionale“ einen Bericht veröffentlicht, wonach bei Jorge Mario Bergoglio ein gutartiger Hirntumor festgestellt worden sei. Der Vatikan dementierte die Nachricht umgehend. Kurienmitglieder sprachen von einem Komplott, um die Synode zu unterwandern. Die Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ nannte die Veröffentlichung einen „Manipulationsversuch“. Der argentinische Bischof Victor Manuel Fernandez, ein enger Vertrauter des Papstes, sah darin eine „Strategie der Apokalypse“ gegen Franziskus, um ihn zu diskreditieren.

„Das Gerücht fliegt schneller als irgend ein Vogel“

Auch der japanische Neurologe Takanori Fukushima dementierte. Er habe den Pontifex nie untersucht, erklärte er in einer Stellungnahme. Die Berichte, dass er ihn in der Klinik San Rossore di Barbaricina nahe Pisa behandelt habe, seien „komplett falsch.“

Von dem griechischen Astronom Achilleus Tatios (drittes Jahrhundert n. Chr.) ist der Satz überliefert: „Das Gerücht rinnt schneller als Wasser dahin, läuft schneller als der Wind, und fliegt schneller als irgend ein Vogel.“ Dementis können den Schaden, der angerichtet worden ist, nur begrenzen, nicht aber wieder gut machen. Beim emeritierten Papst Benedikt XVI. war es ähnlich: Erst brodelte die Gerüchteküche, es wurden ihm allerlei Gebrechen angedichtet, schließlich trat er – aus welchen Gründen tatsächlich auch immer – zurück.

„Der Herr hat mich für eine kurze Sache eingesetzt“

Am 13. März 2013 wurde Jorge Mario Bergoglio zu seinem Nachfolger und zum 266. Bischof von Rom gewählt. Fast auf den Tag genau zwei Jahre später gab Franziskus dem mexikanischen Fernsehsender Televisa ein Interview, in dem er tiefe Einblicke in sein Seelenleben gewährte: „Ich habe das Gefühl, dass der Herr mich für eine kurze Sache eingesetzt hat,“ erklärte er damals. Und dass sein Pontifikat kurz sein und nicht mehr als vier oder fünf Jahre andauern werde. Einen Rücktritt nach dem Vorbild seines Vorgängers schloss der 78-Jährige nicht aus. „Ich glaube Benedikt hat mit viel Mut eine Tür für emeritierte Päpste geöffnet.“ Man solle Benedikts Rücktritt nicht als Ausnahme sehen.

War das eine Ankündigung? Oder doch nur ein Gerücht? Aber auch in Gerüchten kann ein Körnchen Wahrheit stecken.