Gudrun Wilhelm zieht nun vors Bundesschiedsgericht. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Landesschiedsgericht der FDP befindet Parteiausschluss von Gudrun Wilhelm für rechtens. Sie und drei ihrer Mitstreiter ziehen nun vors Bundesschiedsgericht.

Kirchberg - Lange hat sich das FDP-Schiedsgericht Zeit gelassen mit seiner Entscheidung dazu, ob der Parteiausschluss von Gudrun Wilhelm und vier anderen Liberalen rechtens war. Die Hoffnung auf ein Weihnachtswunder, der der Vizepräsident des Schiedsgerichts, Daniel Obst, in der Verhandlung im vergangenen Dezember Ausdruck verliehen hatte, ging auch vor Ostern nicht in Erfüllung. Eine gütliche Einigung zwischen den liberalen Streithähnen hat es nicht gegeben. Und am 30. März, einen Tag bevor die vom Gericht selbstgesetzte Frist einer Verkündigung innerhalb des ersten Quartals abgelaufen gewesen wäre, verkündete das Gericht: Die Parteimitgliedschaft der Kirchbergerin Gudrun Wilhelm sowie der Backnanger FDP-Mitglieder Axel Bauer, Ulrich Jeggle, Charlotte Klinghoffer und Sabine Krautter wurde zu Recht einseitig durch den Kreisverband Rems-Murr beendet. „Das Verhalten und das Ergebnis der Kandidatur stellen eine so schwere Verfehlung und Schädigung der Partei dar, dass der Ausschluss gerechtfertigt ist“, so die Begründung.

Der Hintergrund des ganzen Streits: Gudrun Wilhelm hatte zur Regionalwahl vor knapp einem Jahr eine eigene Liste mit dem Namen „Freie Regionale Rems-Murr“ gegründet, weil sie bei der Aufstellung der FDP-Liste nicht auf Platz eins gewählt worden war (wir berichteten). Wilhelm führt dies unter anderem darauf zurück, dass potenzielle Wähler des auf dem aussichtsreichsten Platz gelandeten Hartfried Wolff aus dem Bereich Rems mit einem kostenlosen Busshuttle zur Abstimmung gefahren worden seien. Weil auch andere von der Murr-Schiene der Partei sich deshalb ungerecht behandelt fühlten, fand sie für ihre neue Liste mehrere prominente Mitstreiter. Auch etliche Stimmen konnte die neue Liste sammeln, die somit der FDP entgingen – wobei fraglich ist, wie viele Wählerstimmen aufgrund persönlicher Sympathien und wie viele aufgrund einer Parteizugehörigkeit vergeben wurden. Für einen neuerlichen Einzug ins Regionalparlament reichte es der neuen Liste jedoch nicht. Pikant an der Sache: Bei den Kommunalwahlen traten Gudrun Wilhelm und ihre Mitstreiter für die FDP an, ohne dass dies den Kreisverband gestört hätte. Auch das Schiedsgericht sah darin nichts Verwerfliches: Dem Kreisverband sei „eine Verschärfung der parteischädigenden Auswirkungen im unmittelbaren Vorfeld der Wahl nicht zuzumuten“ gewesen, so die Begründung.

Gudrun Wilhelm mag sich zu der Entscheidung des Gerichts nicht äußern und überlässt die offizielle Stellungnahme ihrem Anwalt. Nur so viel sagt sie: Wie bereits vorher angekündigt, werde der Fall nun vors Bundesschiedsgericht der FDP kommen. Darin sei sie sich auch mit ihren drei anderen Mitstreitern – Axel Bauer sei nicht mit dabei – einig. Und sie spricht auch offen von „schlechtem Stil“. Denn das Urteil ging, wie sie sagt, ihrem Anwalt erst letzten Samstag, den 4.4., um 12.03 Uhr zu – „und da war der natürlich nicht im Büro“. So sei sie selber am Sonntagmittag „kalt erwischt“ worden, als wegen des Urteils eine erste Anfrage an sie gekommen sei. „Man verschickt doch nicht gleichzeitig mit dem Urteil eine Pressemitteilung, ohne die Beteiligten zu informieren“, moniert sie.

Der Anwalt der geschassten Mitglieder ließ auf Nachfrage dieser Zeitung gegenüber verlauten, der Beschluss des Landesschiedsgerichts werde angefochten und Beschwerde vor dem Bundesschiedsgericht der FDP erhoben. In seinem Urteil habe das Gericht überhaupt kein Ermessen erkennen lassen, obwohl das geboten gewesen sei – so habe ein vergleichbarer Fall vor einiger Zeit keinerlei Konsequenzen gehabt. Zudem werde eine Person, die er nicht näher benennen wollte, auch Strafanzeige wegen des Verdachts der Wählerbestechung stellen. Die Partei von sich aus zu verlassen, kommt für die engagierte Kommunal- und Regionalpolitikerin Gudrun Wilhelm übrigens nicht in Frage: „Ich bin so viele Jahre als überzeugte Liberale dagestanden, das wirft man nicht einfach über Bord. Die FDP ist meine politische Heimat.“