Der Tod eines Kindes ist wohl der härteste Schlag, der Eltern treffen kann. Wie lange sie ein Grab brauchen, um dies zu verarbeiten, ist unterschiedlich (Symbolbild). Foto: Adobe Stock/Animaflora PicsStock

Eine Frau in Remshalden muss regelmäßig dafür kämpfen, das Grab ihres Sohnes erhalten zu dürfen. Mit einem emotionalen Schreiben hat sie das Rathaus jetzt dazu bewegt, die Friedhofssatzung zu überarbeiten.

Remshalden - Dominik kommt mit einem schweren Herzfehler zur Welt. Er wird nur acht Tage alt, die Eltern lassen seinen kleinen Körper auf dem Friedhof in Remshalden-Rohrbronn begraben. Das ist jetzt 26 Jahre her. Seine Mutter Elisabeth Früh hat inzwischen drei gesunde Kinder - doch die Erinnerung an ihren verstorbenen Sohn ist noch wach. „Die Trauer um mein Kind wird erst mit meinem eigenen Tod beendet sein“, meint sie.

Die Verantwortlichen für die Remshaldener Friedhofssatzung sahen das offenbar anders: Das Nutzungsrecht für ein Reihengrab wie jenes, in dem sie Dominik bestatten lassen hat, ist zeitlich begrenzt. Eine Alternative dazu gab es bisher nicht. „Die Ruhezeit der Leichen und Aschen beträgt 20 Jahre, bei Kindern, die vor Vollendung des zehnten Lebensjahres verstorben sind, zehn Jahre“, steht in der Friedhofssatzung zu lesen. „Eine Verlängerung der Ruhezeit ist nicht möglich.“

Das Grab des Kindes auflösen – „allein der Gedanke daran zerreißt mich“

Die Unterscheidung von Kinder- und Erwachsenengräbern hat einen nüchternen Grund: Je kleiner ein Körper ist, desto schneller zersetzt er sich. Für Elisabeth Früh ist das freilich kein Argument. Alle paar Jahre muss sie deshalb darum kämpfen, das Grab von Dominik erhalten zu dürfen. Nachdem ihr im vergangenen Jahr mitgeteilt wurde, dass nun wirklich keine Verlängerung mehr möglich sei, hat sie neulich einen Brief der Gemeinde bekommen: Die Aufforderung, das Grab zu räumen. Früh wehrte sich, doch im Rathaus stieß sie zunächst auf taube Ohren.

Erst einmal sah es so aus, als hätte die Mutter nun verloren. Mit einem emotionalen Facebook-Posting ging sie deshalb an die Öffentlichkeit: „Allein der Gedanke daran zerreißt mich innerlich, schnürt mir die Kehle zu“, schrieb sie. „Aber der Gemeinderat hat beschlossen, dass meine Trauer um dich nun zum Abschluss kommen soll.“ Diese Zeilen wurden in einer lokalen Facebook-Gruppe geteilt und verfehlten ihre Wirkung nicht: „Kurz darauf hat mich der Bürgermeister angerufen und gesagt, ich bekäme noch einmal zehn Jahre, weil ich ein Härtefall sei“, erzählt Früh.

Der Bürgermeister von Remshalden verspricht, die Satzung zu überarbeiten

Das Grab von Dominik darf also weiter bestehen – doch das eigentliche Problem sieht Früh nach wie vor nicht gelöst. Sie denkt an andere Betroffene: Noch immer seien zehn Jahre der Standard für ein Kindergrab. „Für viele Eltern ist das zu wenig. In anderen Gemeinden kann man ein Grab behalten, so lange man möchte“, sagt Früh.

Wie lange Eltern nach dem Verlust eines Kindes ein Grab brauchen, um die Trauer bewältigen zu können, unterscheide sich gewaltig, erklärt der Remshaldener Bürgermeister Reinhard Molt: „Manche, besonders junge Leute, die nach ein paar Jahren wieder wegziehen, möchten ein Grab auch schon nach acht Jahren aufgeben.“

Der Rathauschef hat nun jedoch angekündigt, die Gemeinde werde – angestoßen durch Frühs Fall – ihre Friedhofssatzung überarbeiten. „Dann wird die Option bestehen, die Nutzung von Kindergräbern verlängern zu können“, verspricht Molt. Er sei zuversichtlich, die neue Version der Satzung noch vor der Sommerpause verabschieden zu können.

Wie lange Kindergräber bestehen dürfen, ist in jeder Gemeinde unterschiedlich

Wie lange Gräber bestehen dürfen, ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt: Städte und Gemeinden bestimmen die Ruhezeit. Sie ist unter anderem von der Bestattungsart, der Beschaffenheit des Bodens auf dem jeweiligen Friedhof und von der Auslastung abhängig. Doch offensichtlich gibt es auch hier Raum für Einfühlungsvermögen: Im nahen Winterbach beispielsweise gilt eigentlich auch eine Zehn-Jahres-Grenze. Ein Fall wie der von Elisabeth Früh würde dennoch anders gehandhabt: Hier werden Eltern eines gestorbenen Kindes nur dann gefragt, ob sie ein Grab räumen wollen, wenn dieses offensichtlich nicht mehr gepflegt wird.