Immer mehr Kinder sind von Armut betroffen. Vor allem Migrantenfamilien werden oft von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt. Foto: dpa

Besonders armutsgefährdet sind Kinder von Einwanderern. Verbände kritisieren, dass der wirtschaftliche Aufschwung ungleich verteilt ist.

Stuttgart - Migranten in Baden-Württemberg sind besonders häufig von Armut bedroht. Das geht aus den neusten Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor, die für ein sogenanntes Gesellschaftsmonitoring zusammengestellt werden, das Ende dieses Jahres veröffentlicht wird. Darin werden die gesellschaftlichen Entwicklungen im Land anhand verschiedener Kennzahlen beschrieben. So liegt die Gefahr zu verarmen bei Menschen mit Migrationshintergrund bei 25,8 Prozent, im Gegensatz zu 10,9 Prozent bei Menschen ohne Migrationshintergrund. Noch höher ist dieser Quotient bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, nämlich 32,6 Prozent. Besonders gefährdet sind die Kinder von Migranten, die aufgrund ihrer Herkunft und schlechter Ausbildungschancen kaum Möglichkeiten zum Ausstieg aus dieser Armutsspirale haben.

Fehlende Perspektiven als Aufstiegsbremse

Für Landessozialminister Manfred Lucha ist das eine unhaltbare Situation. „Allen Kindern und Jugendlichen im Land muss unabhängig vom Sozialstatus der Eltern eine gute Entwicklung möglich sein“, fordert der Politiker. Wichtig sei, schon früh Perspektiven zu bieten, sei es im Kindergarten oder der Schule.

Dieter Kaufmann, Chef des Diakonischen Werkes Württemberg, zeigt sich angesichts dieser Entwicklung wenig überrascht. Der aktuelle Anstieg resultiere „insbesondere aus der Zuwanderung von Flüchtlingen und Migranten, die besonders von Armut betroffen sind und deren Integration eine langfristige Aufgabe für unsere Gesellschaft bleiben wird“.

Alleinerziehende von Armut bedroht

Kaufmann und Lucha verweisen darauf, dass das Armutsrisiko nicht nur bei Migranten gestiegen ist. Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt komme nicht bei allen an. Das geht auch aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Schattenbericht der Nationalen Armutskonferenz hervor. Arbeitslosigkeit, Niedriglohnjobs und das Alleinerziehen von Kindern sind in Deutschland die Hauptursachen für Verarmung, heißt es. Laut Bericht leben 16Prozent der Bevölkerung an der Armutsgrenze. Armut zu bekämpfen, sei keine Wohltätigkeit, sondern eine Verpflichtung, sagte die Sprecherin der Armutskonferenz, Barbara Eschen. Sie erneuerte die Forderungen des Bündnisses nach einer Kindergrundsicherung, einer Erhöhung des Mindestlohns und der Hartz-IV-Regelsätze und einer Abschaffung aller Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher.

Ein Grundrecht auf Arbeit und Wohnen

Roland Saurer hofft, dass das Thema Armut endlich als gesamtgesellschaftliches Problem erkannt wird. Aus diesem Grund fordert der Sprecher der Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg: „Grundrechte wie Bildung, Arbeit, Wohnen und Teilhabe müssen endlich in die Landesverfassung aufgenommen werden.“ Im Rahmen einer Aktionswoche diskutieren im ganzen Land im Moment Verbände und Initiativen unter dem Thema „Armut bedroht uns alle“.