Jetzt wird’s ernst: Singen, Tanzen und Schauspielerei sind gefragt Foto: Christian Hass Stuttgart

Die Jungs haben es einfacher. Zumindest beim Kindercasting im Stage Apollo Theater, in dem seit Samstag Besetzungen für die Kinderrollen der Jane und des Michael im Musical „Mary Poppins“ gesucht werden, das im September in Stuttgart Premiere feiert.

Stuttgart - Die Jungs haben es einfacher. Zumindest beim Kindercasting im Stage Apollo Theater, in dem seit Samstag Besetzungen für die Kinderrollen der Jane und des Michael im MusicalMary Poppins“ gesucht werden, das im September in Stuttgart Premiere feiert. Denn für die Rolle der Jane haben sich weit mehr Kinder zwischen acht und dreizehn Jahren beworben als für die des Michael.

„Wir haben insgesamt 200 Bewerbungen erhalten“, sagt Sarah Konzept, Sprecherin des Musicals. Immer 15 Kinder pro Durchgang müssen eine Jury in den Disziplinen Tanz, Gesang und Schauspiel überzeugen, wenn sie in den Sommerferien ins Trainingscamp kommen wollen. Nach dem Camp treffen die Musical-Produzenten aus London die endgültige Auswahl der acht bis zehn Pärchen, die abwechselnd in die Rollen des Geschwisterpaars schlüpfen sollen.

Norah will unbedingt auf die Bühne

Norah Ehehalt lässt sich aber weder von dem weiten Weg noch von den zahlreichen Konkurrentinnen beirren. Denn die Elfjährige aus Kirchheim will auf die Bühne – komme was wolle. Dabei wollte sie vor kurzem beim aktuell in Stuttgart gespielten Musical „Rocky“ zunächst noch nicht einmal ins Publikum. „Ich wollte da eigentlich gar nicht hin, weil es um Boxen geht“, sagt Norah, „aber da wusste ich noch gar nicht, dass es da auch eine so tolle Liebesgeschichte gibt.“ Drei Mal war sie mittlerweile in „Rocky“, doch schon nach dem ersten Mal war klar: Norah will Schauspielerin werden.

„In einer Kinderrolle bei einem Musical mitgewirkt zu haben macht sich zwar gut bei der Bewerbung um eine Ausbildung, ein Türöffner ist es allerdings nicht“, sagt Konzept. Vor allem bei den Jungen kann es mit den Gesangskünsten ganz schnell vorbei sein, wenn der Stimmbruch kommt.

Dieses Problem hat Norah nicht. Und außerdem hat sie ein Ass im Ärmel: ihren Vater. „Papa ist Bühnentechniker und arbeitet beim Musical Tarzan“, sagt die Fünftklässlerin. Deswegen wurde sie von einer Schauspielerin für das Casting trainiert, einer Kollegin des Vaters. „Ich habe jeden Tag mindestens eine halbe Stunde geübt“, sagt Norah, „den Text kann ich gut und tanzen kann ich auch. Ich war drei Jahre im Kindertanzen.“ Nur vor dem Singen ist ihr etwas bange. „Da hätte ich gerne noch länger geübt.“

Eltern müssen draußen bleiben

Jetzt geht es los. Die Eltern dürfen nicht mit auf die Casting-Bühne, Norah ist auf sich allein gestellt. „Ich hoffe, dass ich mich nicht verhaspele“, sagt sie vor dem Casting noch. Doch dann ist die Aufregung doch zu groß. Norah stolpert an zwei Stellen des Textes. Ist der Traum damit geplatzt?

„Nein“, sagt Kindercoach Thomas Hirschfeld, „uns geht es darum, allgemein festzustellen, wo Talent da ist.“ Auffallen heißt das Zauberwort, wer zu still, zu steif und zu zurückhaltend ist, hat schlechte Karten. „Vor allem zu Beginn des Musicals ist eine freche Ader gefragt. Später werden die Charaktere ernster, also ist auch eine gewisse Wandlungsfähigkeit nötig“, so Hirschfeld .

Ob Norah die Jury überzeugen konnte, erfährt sie Mitte dieser Woche. Vielleicht ist dann die erste Hürde für die Schauspielkarriere genommen. Sollte sie ihr Bühnendebüt als Jane feiern, gibt es nicht nur Ruhm, sondern auch ein Gehalt. Wie viel das ist? Sarah Konzept lächelt und sagt: „Das ist das erste, was die Kinder im Trainingscamp lernen: Dass man über Geld nicht spricht.“