Szene bei den Dreharbeiten zu „Kokowääh“: Emma Schweiger mit Papa Til Foto: dpa

Die meisten Eltern erfüllt es mit Stolz, wenn der eigene Nachwuchs denselben Beruf wie der Vater oder die Mutter ergreifen will. Warum bloß reagieren Schauspieler wie Hardy Krüger reserviert?

Stuttgart - Die meisten Eltern erfüllt es mit Stolz, wenn der eigene Nachwuchs in ihre Fußstapfen treten will; bloß Schauspieler reagieren in der Regel reserviert. Hans-Werner Meyer, Vorstandsmitglied der Schauspielergewerkschaft BFFS, zum Beispiel würde seinen Kindern „auf jeden Fall davon abraten. Diesen Beruf sollte man nur ergreifen, wenn man so verrückt ist, sich auf diese Bedingungen einzulassen. Dafür braucht man viel Leidenschaft und große Nehmerqualitäten“. Meyer kennt „viele Kollegen, auch erfolgreiche, die sich mit einem Zweitjob über Wasser halten müssen“. Die Alternative wäre Hartz IV.

Natürlich erleben die Söhne und Töchter berühmter Eltern eine andere Realität. Stars wie Heiner Lauterbach, Fritz Wepper, Wolfgang Stumph oder Til Schweiger können sich ihre Rollen aussuchen, und manchmal ergibt es sich, dass ihre Filmtöchter von ihren tatsächlichen Töchtern verkörpert werden. Mitunter entpuppt sich das sogar als echter Glücksgriff; so wie bei Maya Lauterbach in dem kürzlich gezeigten ARD-Zweiteiler „Spuren der Rache“. Der Thriller erzählt von einem BKA-Beamten, der quasi die Tochter seines Todfeindes adoptiert. Die 14-jährige Maya hatte zuvor schon in den beiden Kinderfilmen „V8“ mitgewirkt und war trotz schwieriger Dialoge ganz vorzüglich. Kein Wunder, dass Vater Heiner „mächtig stolz“ auf seine Tochter ist.

Familie Schweiger hat es vorgemacht

Natürlich ist noch völlig offen, welchen Berufsweg Maya Lauterbach mal einschlagen wird, aber es gibt zumindest Vorbilder: Luna Schweiger (20) hat ihre ersten Hauptrollen gleichfalls als Filmtochter ihres Vaters Til gespielt (in den Kinofilmen „Phantomschmerz“ und „Schutzengel“); ihre 14-jährige Schwester Emma („Kokowääh“) ebenso. Stephanie Stumph (32) war in der ZDF-Filmreihe „Stubbe – Von Fall zu Fall“ (1995 bis 2014) sogar fast zwanzig Jahre lang die Filmtochter ihres Vaters Wolfgang. Deshalb war er auch nicht überrascht, als sie nach dem Abitur in Leipzig Schauspiel studieren wollte. Der lange Schatten des populären Vaters habe sie nicht geschreckt: „Das ist doch immer so, wenn Kinder den gleichen Beruf ergreifen wie ihre Eltern. Man muss sich etablieren, man muss kämpfen, man misst sich selbst am Vater oder an der Mutter.“ Aus diesem Grund, ergänzt Vater Wolfgang, hätten sie die Zusammenarbeit auf „Stubbe“ beschränkt: „Stephanie könnte in praktisch jedem Film meine Tochter spielen, aber es war lange genug schwer für sie, Produzenten und Redakteure davon zu überzeugen, dass sie mehr kann als bloß meine Tochter zu sein.“

Talent ist ohne Ausbildung nichts wert

Auch Sophie Wepper (35) musste sich von diesem Status emanzipieren, zumal sie bis heute vor allem als Tochter des kriminalisierenden Psychologen Wendelin Winter (Fritz Wepper) in der ARD-Krimireihe „Mord in bester Gesellschaft“ (seit 2007) bekannt ist. Eigentlich ist sie gelernte TV-Journalistin, aber Jana Brandt, Film- und Serienchefin beim MDR, hatte die Idee, Vater und Tochter für die Serie „In aller Freundschaft“ zu engagieren. Das habe Sophie, sagt Vater Fritz, „ganz wunderbar bewältigt. Und weil Talent ohne Ausbildung nichts wert ist, hat sie anschließend Schauspielunterricht genommen“. Am Set, versichert er, sei die Zusammenarbeit professionell: „Wenn sie mich um Rat bittet, helfe ich gern, aber sonst mische ich mich nicht ein. Es ist ganz wichtig, dass sie ihre eigenen Erfahrungen macht. Ich behandele Sophie in dieser Hinsicht ganz genauso wie andere Kollegen; denen würde ich ja auch nicht vorschreiben, wie sie ihre Rollen zu spielen haben.“

Auch Hardy Krüger jr. (48) hat vor der Schauspielerei, wie er sagt, „was Anständiges gelernt: Ich habe mit acht Jahren zum ersten Mal auf der Bühne gestanden und während der ganzen Schulzeit Theater gespielt. Es hat mir immer Spaß gemacht, und natürlich habe ich mit dem Gedanken gespielt, das auch zum Beruf zu machen, aber zunächst eine Ausbildung als Koch absolviert.“ Sein Vater, einer der wenigen deutschen Weltstars, habe ihm gesagt: „Wenn du Schauspieler werden willst, werde ich dir nicht im Weg stehen, aber du musst dafür kämpfen.“ Das sei das Beste gewesen, „was er machen konnte, denn ich musste ja meine eigenen Erfahrungen sammeln. Hätte ich die ersten Jahre unter den Fittichen meines Vaters verbracht, wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin“.

Petra Schmidt-Schaller wurde gegen den Willen ihres Vaters Schauspielerin

Petra Schmidt-Schaller (36) hat ähnliche Erfahrungen gemacht: Ihr Vater, „Soko Leipzig“-Star Andreas Schmidt-Schaller, habe „alles getan“, um sie davon abzuhalten, Schauspielerin zu werden. Sie hat ihr Interesse an dem Beruf bei einem Austauschjahr in Amerika entdeckt: „Dort habe ich in einer Theatergruppe mitgewirkt, und zu Hause habe ich dann verkündet, dass ich ans Theater will. Als meine Eltern einsahen, dass sie mich nicht umstimmen können, haben sie gesagt: Man muss seinen Wünschen nachgehen, sonst bleibt das ein Leben lang offen, und das macht mürbe. Einzige Bedingung war, dass ich mein Abitur mache. Heute sind sie sehr erleichtert, dass ihre Tochter auf eigenen Füßen stehen kann.“

Etwas anders lief es bei den Simonischeks. Als Sohn Max (34) seinem Vater Peter eröffnete, er wolle ebenfalls Schauspieler werden, hat sich der an seine eigene Jugend erinnert: „Mein Vater hat mir verboten, Schauspieler zu werden, obwohl ich seit meinem 16. Lebensjahr mit allen Fasern meines Seins für diesen Beruf brenne. Ich habe ein Architekturstudium angefangen und musste die Schauspielschule heimlich besuchen. Als ich dann in St. Gallen mein erstes Engagement hatte, habe ich meine Eltern vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich habe damals geschworen, bei meinen eigenen Kindern nicht den gleichen Fehler zu begehen.“

„Mord in bester Gesellschaft“ läuft am 20.4. im Ersten.