Terrorgefahr: Beamten der Bundespolizei sind an Flughäfen im Einsatz. Foto: dpa

Knapp 100 Zuhörer verfolgen in der Glockenkelter in Stetten eine Diskussion der CDU über Vorratsdatenspeicherung und Terrorgefahr.

Stetten - Dieser Redner ist gewiss gut informiert über eine mögliche Terrorgefahr durch Islamisten in Baden-Württemberg: Der Leiter der Inspektion für Terrorismusbekämpfung beim Landeskriminalamt (LKA), Alexander Stalder, erläuterte in einer Veranstaltung der CDU Kernen in der Glockenkelter, dass unter den 650 000 Muslimen in Baden-Württemberg gerade einmal 150 bis 200 Befürworter des Dschihadismus seien. Aber er sagt auch: „Das ist die Personengruppe, die uns als Polizei tagtäglich beschäftigt.“ 30 bis 40 Männer, aber zunehmend auch junge Frauen, seien nach Syrien und in den Irak als Unterstützer des Islamischen Staats gereist. Mindestens vier davon kamen bereits ums Leben. Ihre Motivation für die Reise ins Kriegsgebiet ist vielfältig und reicht von Orientierungslosigkeit über fehlende soziale Bindungen und Abenteuerlust bis hin zum Willen, den Glauben zu verteidigen, sagte Stalder. Zwei Drittel von ihnen waren bereits in Deutschland straffällig, ein Fünftel davon ist minderjährig, zwei Drittel haben keinen Schulabschluss.

Politische Wertungen der Vorratsdatenspeicherung blieben der Diskussionsrunde überlassen

Der Kriminalbeamte bewertete diese Zahlen nicht. Politische Wertungen mit besonderer Betonung auf das Thema Vorratsdatenspeicherung blieben der anschließend folgenden Diskussionsrunde überlassen. Dem Moderator und designierten CDU-Landtagskandidaten Siegfried Lorek gefiel schon der Begriff Vorratsdatenspeicherung nicht, denn es gehe lediglich „um die Speicherung von Verkehrsdaten“. Gesprächsinhalte würden nicht aufgezeichnet, sondern lediglich Rufnummern, Zeitpunkt und Dauer der Gespräche sowie bei Mobiltelefonen der Standort.

Genau das ist aber Stefan Leibfarth vom Chaos Computer Club Stuttgart schon zu viel der Überwachung unbescholtener Bürger. Wenn man um Mitternacht für sieben Minuten mit einer Sexhotline telefoniere, dann wäre der Gesprächsinhalt offensichtlich. Zudem lasse sich mit den fast im Minutentakt übermittelten Standortdaten eines Mobiltelefons ein lückenloses Bewegungsprofil erstellen.

Beim Verbrechen kinderpornografischer Bilder auf Computern wird eine steigende Zahl an Tätern beklagt

Ganz anders sieht das der innenpolitische Sprecher des CDU-Landtagsfraktion. „Die Sicherheitsbehörden brauchen Augenhöhe mit dem Gegenüber und dürfen nicht immer hinterherhinken“, sagte Thomas Blenke. Allerdings brauche die Polizei als „neugierige Institution“ auch Grenzen. Achim Traichel, der beim Landeskriminalamt unter anderem gegen Verbreiter kinderpornografischer Bilder ermittelt, beklagte auf diesem Feld eine steigende Zahl an Tätern. 420 Tatverdächtige gab es im ersten Quartal dieses Jahres in Deutschland. Trotz vorhandener IP-Adresse, einer Adressnummer des verwendeten Computers, könne jeder dritte Täter aufgrund fehlender Verbindungsdaten bislang nicht ermittelt werden, „und das ist ein Skandal.“

Für den ehemaligen baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) ist das Thema keine Grundsatzfrage, sondern eine Abwägungssache: „Wir sind gegen die grenzenlose Vorratsdatenspeicherung.“ Eine zeitlich limitierte Speicherung für drei Monate wie bei vielen Providern ohnehin üblich, befürwortet der Landtagsabgeordnete jedoch.

Goll hatte übrigens gleich zu Beginn die Lacher auf seiner Seite. „Dass ich von einem CDU-Ortsvorsitzenden begrüßt werde, ist ein besonderes Ereignis“, sagte er vor den knapp 100 Zuhörern.