Die EU-Bildungsminister kamen auf Einladung von Annette Schavan 2007 nach Heidelberg – bei der nächsten deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 geht Baden-Württemberg bisher leer aus. Foto: Gutschalk

Keines der Ministertreffen während der Ratspräsidentschaft 2020 soll in Baden-Württemberg stattfinden. Das hat mit der Zusammensetzung der Bundeskabinetts zu tun.

Berlin - In der Bundesregierung laufen die Vorbereitungen für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres auf Hochtouren: Noch vor der Sommerpause soll es einen Kabinettsbeschluss geben, der unter anderem festlegen soll, wo die insgesamt rund 20 informellen Ratstreffen der europäischen Regierungen und Ministerkonferenzen zu bestimmten Themen stattfinden. Begleitet wird der EU-Vorsitz von weiteren knapp 200 Fachkonferenzen.

Die Regierung plant dem Vernehmen nach eine „dezentrale Ratspräsidentschaft“, die sich nicht nur auf Berlin konzentriert. Die hochrangig besetzten EU-Treffen mit entsprechend großem Medieninteresse sollen stattdessen über die ganze Republik verteilt werden. Dabei zeigt sich jedoch im dem unserer Zeitung vorliegenden Entwurf des Veranstaltungskalenders, dass keines der Ministertreffen in Baden-Württemberg stattfinden soll.

Die Minister bitten in ihre Heimat

So werden sich dem noch vorläufigen Plan zufolge die EU-Handelsminister Anfang Juli 2020 im Saarland treffen, der Heimat von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Eine Woche später kommen die europäischen Gesundheitsminister demnach in Bonn zusammen – der christdemokratische Berliner Amtschef Jens Spahn stammt aus Nordrhein-Westfalen. Die Niedersächsin Ursula von der Leyen, ebenfalls CDU, will ihre Kollegen Verteidigungsminister Anfang September in ihre Landeshauptstadt Hannover einladen. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer bittet Ende Oktober kommendes Jahres in seine Heimatstadt Passau, auch der christsoziale Entwicklungsminister Gerd Müller veranstaltet „sein“ europäisches Kollegentreffen in Bayern.

Erinnerungen an Schäuble als Sportminister

Anders als bei der deutschen Ratspräsidentschaft 2007, als Bundesbildungsministerin Annette Schavan ihre EU-Kollegen in Heidelberg begrüßte und der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble in seiner Nebenfunktion als Sportminister Gastgeber in Stuttgart war, ist aber für 2020 bisher kein informeller Rat im Südwesten vorgesehen. „Der Grund ist wirklich, dass weder CDU noch SPD aus Baden-Württemberg mit einem Minister in der Regierungvertreten sind“, heißt es aus Regierungskreisen. Zwar gehört die Tübingerin Annette Widmann Mauz als für die Integration zuständige Staatsministerin im Kanzleramt dem Bundeskabinett an – ein eigenes Haus, das EU-Ministertreffen organisiert, führt sie jedoch nicht.

In der Landesregierung, die Baden-Württemberg stets als europäisches Musterland präsentiert, ist man verärgert. Nach Informationen unserer Zeitung soll Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Thema direkt bei Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgebracht haben. Vorläufiges Ergebnis: Am Mittwoch bot Altmaiers Ministerium dem Land an, zumindest zwei große Fachkonferenzen in Baden-Württemberg abzuhalten.

– Kommentar: Versäumnis