35 249 Unterschriften hatte die Initiative für einen Radentscheid gesammelt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das Bürgerbegehren Radentscheid wurde von einer Anwaltskanzlei als rechtlich nicht zulässig eingestuft. Doch die Ideen stoßen auf großes Interesse – auch im Gemeinderat.

Stuttgart - Rund 35 000 Unterschriften haben die Vertreter der Initiative Radentscheid und unzählige Helfer im letzten Jahr für ihr „Bürgerbegehren für ein fahrradfreundliches Stuttgart“ gesammelt. Dieses wurde nun im Auftrag der Stadt von einer Anwaltskanzlei begutachtet, die aber zu der Auffassung kommt, die Fragestellung sei zu „unbestimmt“ und einige Ziele rechtlich nicht durchsetzbar.

Frank Zühlke, stellvertretender Vorsitzender des ADFC Stuttgart und Vertrauensperson der Stadt für den Radentscheid, ist überrascht und hofft, dass die Initiative bald das Gutachten erhält. „Dann können wir es prüfen und dazu Stellung beziehen.“ Die rechtliche Prüfung sage nichts über die Qualität der Ziele aus. „Sie gibt lediglich eine formaljuristische Einschätzung, ob unsere Initiative in einem Bürgerentscheid münden kann.“ Der Radentscheid erfahre eine „breite Unterstützung durch Bevölkerung, Verwaltung und Gemeinderat“, sagt Thjis Lucas, Sprecher der Initiative. Man habe sich rechtlich umfassend beraten lassen und sich an Radentscheiden in anderen Bundesländern orientiert. „Aber die Hürden für ein Bürgerbegehren sind in Baden-Württemberg recht hoch.“

Grünen-Chef: Großartiges Zeichen

Die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist eine Rechtsfrage, die Entscheidung, ob es angenommen wird, obliegt nicht dem Gemeinderat. Aber die Vorschläge der Initiatoren, die sich ehrenamtlich für den Radverkehr einsetzen, sind bei der Politik und der Stadt auf offene Ohren gestoßen.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Winter betonte, man habe die Initiative im Vorfeld unterstützt und sich gefreut, dass 35 000 Menschen für eine Stärkung des Radverkehrs unterzeichnet haben. „Das ist ein großartiges Zeichen.“ Auch wenn der beauftragte Gutachter zu dem Schluss komme, das Bürgerbegehren sei in der Form rechtlich nicht zulässig. „Wir verfolgen die Ziele des Radentscheids weiter.“ Man wolle im Gemeinderat an einem Beschluss arbeiten, der die Forderungen der Radler aufgreift.

Verwaltung will Vorschläge machen

Die SPD-Fraktion schließt sich dem laut dem Fraktionsvorsitzenden Martin Körner an. Aber: „Vorher wollen wir Antworten auf die von uns gestellten Fragen nach den aktuellen Ergebnissen der Fahrradpolitik haben.“ Es sei nicht zu viel verlangt, innerhalb von vier Monaten eine sachliche Antwort zu bekommen. Die SPD-Fraktion hatte bereits am 21. September eine Anfrage an die Verwaltung gestellt und gefragt, welche finanziellen Mittel und wie viel Personal nötig sei, um die elf Forderungen des Radentscheids umzusetzen. Im zweiten Punkt sollte die Verwaltung beantworten, wie viele Radverkehrsanlagen bis dato jährlich umgesetzt, wie viele Kreuzungen und Einmündungen für den Radverkehr sicher gestaltet werden.

In der Antwort der Verwaltung vom 19. Dezember heißt es lediglich, die Forderungen des Radentscheids seien „sehr ambitioniert“. Für die Umsetzung der Ziele brauche es notwendige Entscheidungen der politischen Gremien, schrieb Oberbürgermeister Fritz Kuhn in seiner Antwort und ergänzte abschließend: „Sollte das Bürgerbegehren nicht zulässig sein, wird die Verwaltung dennoch Vorschläge für die Umsetzung des Anliegens machen.“ Aus dem Rathaus heißt es, derzeit arbeite man das Gutachten verwaltungsintern auf, am 21. Februar werde es im Gemeinderat diskutiert.