Salk InstitutVon Robert Redford gesehen: Salk Institute in Santa Monica Santa Monica Foto: Verleih

Die Idee? Hört sich gut an. Sechs Ikonen der Architektur werden von sechs internationalen Regisseuren in 3-D-Technik in Szene gesetzt. Das Ergebnis? Ist ein viel zu langer Film mit Wiederholungen der ästhetischen Mittel und etlichen Leerstellen. „Kathedralen der Kultur“, in Stuttgart zu sehen im Delphi, überzeugt nur bedingt.

Stuttgart - Die Idee? Hört sich gut an. Sechs Ikonen der Architektur werden von sechs internationalen Regisseuren in 3-D-Technik in Szene gesetzt. Das Ergebnis? Ist ein viel zu langer Film mit Wiederholungen der ästhetischen Mittel und etlichen Leerstellen. „Kathedralen der Kultur“ überzeugt nur bedingt.

Die erste Station ist die Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg, ein Bau von Yegor Sokolov. „Deschurnajas“ alle, mit ihren grauen Kitteln, den wichtig-strengen Gesichtern, der altmodischen Technik und den Teekochern, ohne den es nicht geht im russischen Alltag. Michael Glawoggers Dokumentation wird zum optischen Rückgriff in ein anderes Jahrhundert. Umso anachronistischer, dass die Kamerafahrten durch die fast leeren Lesesäle und entlang der alten Folianten auf der Leinwand in 3-D gezeigt werden. Welche Schätze sich tatsächlich in den labyrinthähnlichen Gängen des literarischen Nationalerbes befinden, wissen vermutlich nicht einmal die Bibliothekarinnen – man streitet mit Peking um die Zahl.

Weiter geht es in das Opernhaus in Oslo – geplant durch das Architekturbüro Snohetta. Auch hier ist die teure 3-D-Technik weder Seh- noch Erlebnishilfe. Im Hafenviertel wandelten die Snohetta-Architekten das frühere Prostituierten- und Drogenviertel zu einer Flaniermeile. Wie eine weiße Klippe wurde das Osloer Opernhaus in die Umgebung gesetzt. Und ganz wie in der Natur flanieren die Osloer auf den Dachschrägen. Tänzer durchdringen das Innen zum Außen, bewegen die fantastische Architektur auch ohne Spezialeffekte. Wenigstens das kann der Beitrag von Margreth Olin: Lust machen auf eine Reise nach Oslo!

Und nun nach Berlin – in die Philharmonie von Hans Scharoun. Diesmal führt Wim Wenders selbst Regie. Er vermenschelt das Haus – Meret Becker spricht mit feiner Stimme als Konzertsaal zu uns, hat aber nichts wirklich Neues zu erzählen.

Und das von Louis Kahn geplante Salk Institut in Santa Monica? Strenge Ästhetik, rechte Winkel, kein Fitzelchen Papier auf dem Boden, keine leere Flasche irgendwo, aber dicht am Horizont das Meer – Robert Redford, wieder einmal hinter der Kamera, präsentiert Kahns modernes Meisterwerk als Reflexion über die existenzielle Qualität eines Orts. Wer Forschungsarbeit als höchste geistige Konzentration versteht und in sich kein Bedürfnis spürt, Plätze dekorieren zu müssen, der wird sich einen „Kloster-Ort“ wie diesen wünschen.

Natürlich darf das Centre Pompidou von Renzo Piano und Richard Rogers in Paris nicht fehlen. Unterhaltsam lässt uns der brasilianisch-algerische Regisseur Karim Ainouz einen Tag an seinen Betrachtungen über die populäre Nutzung, die leichte Konstruktion und die exponierte Struktur des Gebäudes teilhaben. Das Centre Pompidou bestätigt sich wieder einmal als große Bühne. Mit 3-D-Brille wird man Teil des Ganzen. Doch wirklich da ist man nicht.

Wenn Baukunst nach Ludwig Mies van der Rohe „immer raumgefasster Zeitwille“ ist, dann ist das Hochsicherheitsgefängnis Halden in Norwegen ein ästhetischer Ort mit sozialer Wirkung. 2010 vom dänischen Architekturbüro EMA entworfen, bezeichnete das „Time Magazin“ den Lebensraum für einige der gefährlichsten Kriminellen als „das humanste Gefängnis der Welt“. Michael Madsen führt den Blick der frei schwebenden Kamera über eine riesig lange Außenmauer, durch blitzsaubere Korridore, über gitterlose Fenster und Panoramablicke. Der Schrecken bleibt: Kein noch so durchdesignter Ort, kein noch so humaner Umgang macht aus Insassen freie Menschen. Die Hoffnung aber ist: Dass künftig bei der Planung von Inhaftierungs„anstalten“ auf die Demonstration von Macht durch Architektur verzichtet wird.

„Kathedralen der Kultur“ ist in Stuttgart im Kino Delphi (Tübinger Straße 6) zu sehen. Beginn: 13.50 Uhr und 18.50 Uhr. Mehr: www.arthaus-kino.de