Die Forstwirtschaft spielt im Waldland Baden-Württemberg eine enorme Rolle – entsprechend sensibel ist die Kartellbehörde Foto: dpa

Quasi in letzter Minute soll der Bundestag erreichen, dass das Land auch weiterhin die privaten Waldbesitzer unterstützen darf. Eine große Forstkoalition in Berlin hat dazu jetzt die Vorarbeit geleistet.

Stuttgart/Berlin - Baden-Württembergs 200 000 private und kommunale Waldbesitzer rechnen fest damit, dass der Kelch einer völligen Zerschlagung der Forstverwaltung doch noch an ihnen vorübergeht. Grund für diesen Optimismus liefert ihnen die jüngste Einigung im Deutschen Forstwirtschaftsrat über eine Änderung des Waldgesetzes, die die Spitze des aktuellen Kartellverfahrens gegen das Land abbiegen würde.

Es liege nun ein mehrheitsfähiger Gesetzentwurf vor, erfuhr unsere Zeitung aus Teilnehmerkreisen der jüngsten Präsidiumssitzung in Berlin, an der auch die Vertreter der Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag teilgenommen haben. Auf dieser Grundlage könne das Land die meisten seiner Dienstleistungen für die Privatwaldbesitzer erhalten, heißt es. Lediglich der Holzverkauf müsste eigenständig organisiert werden. Noch in diesem Jahr, so die Erwartung, soll das Gesetz geändert werden.

Der Deutsche Forstwirtschaftsrat versteht sich als „die“ politische Stimme der Branche, denn in ihm sitzen nicht nur die Waldbesitzerverbände an einem Tisch, sondern auch berufsständische Organisationen, Forschung und Wissenschaft, die Kommunalverbände und nicht zuletzt die Landesforstverwaltungen.

Die Initiative zur Änderung des Waldgesetzes war im September von der Agrarministerkonferenz ausgegangen, drohte aber dann ins Leere zu laufen, da sich die Waldbesitzer untereinander nicht einigen konnten. Doch nun herrscht dem Vernehmen nach Konsens.

Bei dem Kartellverfahren gegen das Land fordern die Wettbewerbshüter, dass die staatlichen Förster künftig die Finger vom Privat- und Kommunalwald lassen, der immerhin drei Viertel der gesamten Waldfläche ausmacht. Bisher bieten diese gegen eine vergleichsweise geringe Gebühr das komplette forstwirtschaftliche Programm bis hin zum Verkauf des geschlagenen Holzes – ein Angebot, von dem die meisten Eigentümer gern Gebrauch machen.

Doch damit habe das Land eine marktbeherrschende Stellung, sagen die Kartellwächter, die ursprünglich von der Sägewirtschaft angestachelt worden waren. Seit Monaten tüftelt deshalb das Stuttgarter Forstministerium an einem Modell, das die Bonner Behörde besänftigt. Herausgeschält hat sich dabei die Variante, dass das Land seinen Forstbetrieb komplett von den Privaten abtrennt. Für die Vermarktung des Staatswalds wäre also eine eigenständige Organisation zuständig.

Damit könnten die Waldbesitzer zur Not leben. Was ihnen aber missfällt, ist, dass die Kartellwächter unter die Überschrift Vermarktung auch sogenannte vorgelagerte Dienstleistungen stellen – also all das, was Förster im Wald vor dem eigentlichen Holzverkauf erledigen. Dazu gehört zum Beispiel das Auszeichnen der Bäume, die geschlagen und verkauft werden sollen.

Während die Landesregierung demütig den Forderungen der Kartellbehörde nachkommt – jedes Sträuben hätte womöglich Millionen teure Strafzahlungen zur Folge –, hat sich im Nachbarland Rheinland-Pfalz in den letzten Monaten Widerstand formiert. Zwar richtet die Bonner Behörde das Kartellverfahren bisher nur gegen Baden-Württemberg, es könnte aber wegen vergleichbarer Forststrukturen bald auch andere Länder damit überziehen.

Mainz hat jedenfalls eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht mit dem Ziel, das Gesetz so zu ändern, dass die Auswahl und Markierung von Bäumen als „waldbauliche Maßnahme“ anzusehen sei, die einer langfristigen Waldentwicklung diene und nicht der Holzvermarktung zuzurechnen sei.

Die anfängliche Euphorie über diesen Vorstoß, der von der Agrarministerkonferenz im September aufgegriffen wurde, mündete jedoch schnell in Ernüchterung. Denn bald zeigte sich, dass große und kleinere Waldbesitzer in den Verbänden keinesfalls dieselben Interessen haben.

Dem Vernehmen nach haben sich einige große Eigentümer, die über eigene Forstverwaltungen verfügen (so etwa adelige Großgrundbesitzer), selbst Hoffnungen gemacht, für den Staat als Dienstleister in die Bresche springen zu können. Es habe Störungen der „Befindlichkeiten“ gegeben, heißt es. Auch der Begriff „Gemeinwohlverpflichtung“ war umstritten. Kurzum: Den vom Bundesforstministerium vorgelegten Gesetzentwurf wollte man so zunächst nicht mittragen.

Doch dann raufte man sich zusammen. Fraktionsvertreter und Fachleute, so heißt es, hätten sich nun auf einen neuen Wortlaut geeinigt, der das ursprüngliche Ziel der Reform aber beibehält: „Vorbereitende Dienstleistungen“ sollen nicht zur Holzvermarktung zählen, das „Einheitsforstamt“ für alle bliebe also erhalten. Ohne Änderung des Waldgesetzes wäre ein solcher Weg übrigens verbaut: Das Land hatte diesen unter dem Namen „Modell timberBW“ bereits im Frühjahr skizziert, sich jedoch bei der Kartellbehörde eine Abfuhr eingehandelt.

Nun aber scheint es dafür wieder Chancen zu geben – vorausgesetzt, Bundestag und Bundesrat stimmen zu. Und vorausgesetzt, auch Stuttgart gibt sein Okay. Denn einige Waldbesitzer glauben mittlerweile, dass die Landesregierung durchaus Gefallen an einem Staatsforstbetrieb gefunden haben könnte. Auch die Reaktion der Kartellbehörde steht noch aus. Eine Stellungnahme war am Montag nicht zu erhalten.

Ginge es nach den Naturschutzverbänden, müsste die Bonner Behörde das Verfahren sofort stoppen und bis zur Waldgesetzänderung ein Moratorium ansetzen. „Wälder sind mehr als Holzproduktionsplantagen“, erklärte am Montag Reiner Ehret, Chef des Landesnaturschutzverbands.