Lernwillige haben hierzulande die Qual der Wahl: Der Markt für Weiterbildungen ist mit rund 500 000 Kursen und 17 000 Bildungsanbietern riesig. Foto: fovito/Adobe Stock

Der Markt für Weiterbildungsangebote ist unübersichtlich. Diverse Anbieter locken mit klangvollen Zertifikaten. Doch nicht jedes Siegel bringt Mitarbeiter im Berufsalltag voran.

Stuttgart - Ohne lebenslanges Lernen geht es nicht. Und so bilden sich immer mehr Menschen in Deutschland weiter. Laut einer Umfrage von Bitkom Research nutzen drei Viertel der Deutschen (76 Prozent) private Weiterbildungsangebote. Dabei handelt es sich meist um klassische Kurse, fast jeder Zweite (45 Prozent) setzt aber mittlerweile auch auf digitale Formen der Weiterbildung. Jeder Fünfte (20 Prozent) nutzt Lernprogramme am PC, gut jeder Zehnte (11 Prozent) entsprechende Apps auf Smartphone oder Tablet. Online-Lernvideos auf Plattformen wie Youtube schauen sich 14 Prozent an, sogenannte Webinare oder andere Online-Kurse belegen elf Prozent.

Grundsätzlich haben Lernwillige die Qual der Wahl: Der Weiterbildungsmarkt hierzulande ist mit rund 500 000 Kursen und 17 000 Bildungsanbietern riesig. Doch mitunter halten die Seminare nicht, was sie versprechen – und helfen den Teilnehmern in ihrem Berufsalltag nicht wirklich weiter.

Laut Angaben der Stiftung Warentest handelt es sich beim Großteil der angebotenen Weiterbildungen um Kurse ohne Abschluss, für die die Teilnehmer lediglich eine Teilnahmebestätigung erhalten. Nur wenige Kurse enden mit einer Prüfung, für die dann ein Zeugnis oder Zertifikat vergeben wird. Letztere erscheinen zwar zunächst als hochwertiger – das muss aber nicht zwingend der Fall sein. Denn es kommt darauf an, welche Bildungseinrichtung ein Zertifikat vergibt und in welcher Form es anerkannt wird.

Siegel sollen die Qualität belegen

Immer mehr Hochschulen sind auf dem Weiterbildungsmarkt aktiv. Laut der Studie „Trendmonitor Weiterbildung“ des Stifterverbands wartet knapp die Hälfte der Hochschulen in Deutschland mit entsprechenden Programmen auf. Hier zählt der gute Ruf, den die wissenschaftlichen Institutionen mit sich bringen. Daneben setzen viele Weiterbildungsinstitute auch auf Siegel wie LQW, QES plus und DIN EN ISO 9001, um gegenüber den Interessenten die Qualität der von ihnen angebotenen Kurse zu belegen.

Diese Siegel stehen für sogenannte Qualitätsmanagementsysteme. Wie eine Schablone können die Bildungseinrichtungen solche Systeme individuell mit konkreten Grundsätzen, Aufgaben und Zielen füllen. Wer ein Siegel hat, ist zumindest auf dem Papier um Qualität bemüht. Denn die verschiedenen Systeme helfen Einrichtungen und Trägern, ihr Angebot zu verbessern. Eine Sprachschule kann zum Beispiel festlegen, dass nur Muttersprachler mit fremdsprachendidaktischer Qualifikation unterrichten und eine bestimmte Lerngruppengröße nicht überschritten wird. Sind diese Standards festgelegt, kann sich das Bildungsinstitut von einem Gutachter der jeweiligen Zertifizierungsstelle prüfen lassen.

Das Kursprogramm sorgfältig prüfen

Doch eine echte Orientierungshilfe bieten derartige Siegel nicht: „Mit dem Siegel zeigt der Anbieter nur, dass er seine Arbeitsabläufe systematisch plant und steuert. Es sagt nichts über die von ihm angebotenen Weiterbildungen aus“, sagt Alrun Jappe von der Stiftung Warentest. Ein siegelloser Anbieter sei nicht unbedingt schlechter.

Statt bei der Wahl der Weiterbildung ausschließlich auf Siegel zu achten, sollten die Interessenten „sich im ersten Schritt bewusst machen, was man in der Weiterbildung lernen möchte“, erklärt Jappe. „Im zweiten Schritt kann man schauen, ob die Kurse der verschiedenen Einrichtungen das bieten, was man sich vorstellt.“

Auch Thomas Borowiec vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) rät, nicht auf einzelne Siegel zu vertrauen: „Ein solches Zertifikat ist nur eines von vielen Merkmalen, die eine qualitativ hochwertige Weiterbildung ausmachen.“ So sollten Interessierte auch einen Blick auf das Kursprogramm oder die Qualifikation des eingesetzten Lehrpersonals werfen: Wie sind die Inhalte strukturiert, welche Methoden kommen zum Einsatz, gibt es einen Praxisbezug? Selbst die Ausstattung der Räumlichkeiten könne einen Hinweis auf die Qualität der Weiterbildung geben, so der Experte.

Wird eine Prüfung anerkannt?

Das BIBB rät Weiterbildungsinteressierten außerdem, sich in jedem Fall darüber zu informieren, wie ein Kurs endet – mit einer Teilnahmebescheinigung, einem Berechtigungsnachweis oder einer Prüfung. Wenn Letzteres der Fall ist, sollte man sich zudem über die rechtliche Grundlage, den Geltungsbereich und den Veranstalter der Prüfung informieren. Denn allein dass es eine Prüfung gibt, heißt nicht, dass diese am Ende von irgendjemandem anerkannt wird. „Erst wenn in all diesen Punkten mehrere Weiterbildungen überzeugen, kann ein Siegel oder Zertifikat für ein Qualitätsmanagementsystem der ausschlaggebende Punkt sein“, sagt Borowiec.

Auf die offizielle Anerkennung von Prüfungsleistungen zu achten ist vor allem bei Sprachzertifikaten wichtig, die gegenüber potenziellen Arbeitgebern die in vielen Stellenanzeigen geforderten Fremdsprachenkenntnisse belegen können. Hier sollte man darauf achten, dass sich die Zertifikate am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – kurz: GER – orientieren. Dieses Raster, bestehend aus sechs Niveaustufen, hat der Europarat 2001 eingeführt, um Sprachkenntnisse europaweit besser messbar und vergleichbar zu machen.