Berufstätige Mütter müssen multitaskingfähig sein. Foto: Thodoris Tibilis – Fotolia

Nach der Geburt eines Kindes an den Arbeitsplatz zurückzukehren ist nicht immer leicht. Wir geben Tipps, wie die Rückkehr in den Job gelingt und wie sich Familie und Beruf vereinbaren lassen.

Stuttgart -

1. Sich selbst den Rücken frei halten

Das A und O ist die Kinderbetreuung. Viele Arbeitgeber interessieren sich nicht für die persönlichen Befindlichkeiten der Arbeitnehmer. Diese Einstellung ist fragwürdig, aber real. Daher gilt: Je dichter das Netzwerk der Helfer, desto besser. Neben Kindertagesstätten oder Jugendzentren ist es gut, Einzelpersonen in der Nähe zu haben, die auf die Kinder aufpassen können: Tagesmütter und -väter, Babysitter, Freunde und Großeltern. Wer vorher abklärt, ob jemand im Notfall einspringen kann, kann Ausnahmesituationen besser bewältigen. Um nicht in die Bittstellerposition zu rutschen und langfristige Arrangements zu treffen, hilft Gegenseitigkeit. „Freunde oder Nachbarn, mit denen man Kinder im Tausch betreuen kann, sind Gold wert“, sagt Verena Burgbacher, Coach und Kinderpsychotherapeutin aus Böblingen. Solche Verabredungen seien meist von Dauer.

2. Den eigenen Wert schätzen lernen

Mit Überzeugung verkaufen sich Produkte besser. So ist es auch mit der eigenen Person: Wer seinen Wert am Arbeitsmarkt kennt, kann selbstsicherer verhandeln. „Unsicherheit durch die Pause vom Arbeitsmarkt ist unangebracht“, sagt Coach Verena Burgbacher. „Erziehungsurlaub bedeutet einen Test auf Belastbarkeit und andere Fähigkeiten: Eltern haben gelernt, trotz Schnupfen, Schlafmangel und Kopfschmerzen weiter zu funktionieren. Und wer weiß, dass er freie Tage für familiäre Sonderfälle braucht, überlegt sich gut, wann er nicht zur Arbeit erscheint.“ Daneben sind Teilzeitarbeiter oft effektiver als ganztags Arbeitende. Finnland reduzierte deshalb probeweise die Arbeitszeiten. Wissen Angestellte, dass sie nur begrenzt Zeit für ihre Aufgaben haben und ein Ende absehbar ist, legen sie sich ins Zeug. Scheint der Tag endlos, vertrödeln viele unnötig Zeit.

3. Den Lebenslauf aktualisieren

Bleiben positive Reaktionen auf Bewerbungen aus, kann es am Lebenslauf liegen. Kleine Änderungen können schon viel bewirken. So werden etwa die eigenen Arbeitserfahrungen mittlerweile nicht mehr von der Schule bis zum letzten Arbeitsplatz chronologisch aufgelistet: Man fängt mit dem letzten Job an und nimmt nur die Positionen auf, die für die aktuelle Bewerbung wichtig sind. Coach Verena Burgbacher hat die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnen kann, die Erziehungszeit schriftlich nur am Rande zu erwähnen oder wegzulassen. „Das ist eine traurige Tatsache, aber sie öffnet Türen“, sagt Burgbacher. Im Bewerbungsgespräch verschweige man die Kinder natürlich nicht. Die Münchner Karriereberaterin Heidi Steinberger dagegen rät zur bewussten Erwähnung der Kinder mit Altersangaben und Versicherung ausreichender Kinderbetreuung.

4. Sich selbstständig machen

Finden sie keine Festanstellung, gründen viele Wiedereinsteiger ihr eigenes Unternehmen. Die Selbstständigkeit ist auch ein guter Weg, um freier entscheiden zu können, wann man arbeitet – und wann Zeit für die Familie ist. Dabei muss einem allerdings klar sein: Die Warmlaufzeit kann lange dauern. Und die Einkünfte fallen zu Beginn oft auch nicht üppig aus. Das richtige Equipment hilft beim Start. Dazu gehören auf jeden Fall eine professionelle Webseite, ein guter Steuerberater und ein eigenes Konto. Wer über ausreichend Startkapital verfügt, tut gut daran, einen Profi die Webseite bauen lassen. Vor der Selbstständigkeit sollte man sich zudem über die richtige Rechtsform informieren: Nicht alle Selbstständigen müssen ein Gewerbe anmelden. Die Internationale Handelskammer bietet Einsteigerkurse für Selbstständige; oft berät außerdem das Finanzamt vor Ort.

5. Unmoralische Angebote ablehnen

Auf keinen Fall sollte man sich unter Wert verkaufen: Wiedereinsteiger sind keine Bittsteller, sondern Arbeitskräfte. Wer nach einigen Jahren wieder einsteigt, sollte sich vor den ersten Bewerbungen auf dem Arbeitsmarkt umhören: Was ist zur Zeit realistisch, wie viel darf ich verlangen oder erwarten? Bei der Klärung dieser Fragen helfen soziale Netzwerke. Fast jede Berufsgruppe unterhält Plattformen. Coach Heidi Steinberger rät: „Fragen Sie sich, was Sie sich wert sind.“ Unzumutbare Arbeitszeiten, Gehälter oder Vergütungen braucht man nicht anzunehmen. Das gilt für Festangestellte wie Selbstständige.

6. Loslegen statt zögern

Wer wieder einsteigen möchte, sollte den ersten Motivationsschwung nutzen: Denn je mehr Bewerbungen man verschickt, desto höher stehen die Chancen auf Erfolg. „Allerdings sollte man sich nicht zur Gewissensberuhigung wahllos auf aussichtslose Jobs bewerben. Denn dann hagelt es Absagen und die Motivation verabschiedet sich irgendwann,“ weiß Coach Heidi Steinberger. Wer sich bewirbt, sollte sich von Absagen nicht demotivieren lassen: Sie gehören zur Bewerbungsphase dazu und stellen kein Urteil über die eigene Persönlichkeit oder Qualitäten dar. Schließt man sich mit Gleichgesinnten zusammen, kann man sich gegenseitig motivieren und sich mit den Bewerbungen helfen.

7. Das Netzwerken nicht vergessen

Der offene Arbeitsmarkt ist hart umkämpft. Da bei Wiedereinsteigern eine Lücke im beruflichen Werdegang klafft, sind Bewerber, die ihre Beschäftigung ohne Unterbrechung ausgeübt haben, oft im Vorteil. Deshalb sollte man nicht nur offizielle Bewerbungskanäle für sich nutzen, sondern sich auch im Freundes- und Bekanntenkreis nach spannenden Gelegenheiten umhören. Networken hat schon vielen die Hintertür zum Wunschbetrieb geöffnet. Karriereberaterin Heidi Steinberger rät: „Überlegen Sie, wen Sie in den Erziehungsjahren kennengelernt haben. Vielleicht kann Ihnen jemand weiterhelfen.“ Wer sich ehrenamtlich engagiert oder sich in Kursen eingebracht hat, sollte sich nicht scheuen, auch dort für sich zu werben. „Im Ehrenamt hat man gezeigt, was man kann“, sagt Steinberger. „Es ist ein prima Türöffner.“

8. Die familiäre Lage klären

Steigt ein Elternteil nach dem Erziehungsurlaub wieder ins Berufsleben ein, muss die Familie mithelfen. Wer vor dem Beginn des neuen Jobs festlegt, wer welche Aufgaben im Haushalt übernimmt und wer sich wann um die Kinder kümmert, vermeidet langfristig Unstimmigkeiten. Denn mit dem Wiedereinstieg in den Job muss der Alltag häufig komplett neu organisiert werden. In Familiengesprächen lassen sich Ängste ausräumen. „Zusammen kann man klären, welche Arbeitsmodelle für beide Partner passen,“ sagt Karriereberaterin Heidi Steinberger. Ob eventuell ein Elternteil halbtags arbeitet, beide die Arbeitszeit reduzieren oder Vollzeit arbeiten, sollten die Partner möglichst vor dem Neueinstieg herausfinden. Möchte sich ein Teil selbstständig machen, muss die finanzielle Situation vorher abgeklärt werden.

9. Soziale Netzwerke für sich nutzen

Auch in sozialen Netzwerken treffen sich – virtuell – Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wer einen interessanten Arbeitgeber auf einer solchen Plattform entdeckt, kann auf sich aufmerksam machen – neue Kontakte knüpfen oder selbst etwas in die Gruppe schreiben. Für Selbstständige sind soziale Netzwerke fast schon ein Muss – auch, um sich mit anderen Freischaffenden zu vernetzen. Achtung: Privates sollte man im Internet nicht von sich preisgeben. Besser ist es, ein weiteres Arbeitsprofil zu erstellen, um professionell auftreten zu können. Auch eine Bewerbungswebseite kann helfen. Bewerber sollten sich möglichst in allen bekannten Plattformen eintragen: Je mehr Profile, desto größer der Radius. Dabei aber konsequent auf die gleichen Angaben achten: Viele Arbeitgeber lesen sich durch mehrere Plattformen.

10. Sich richtig vorbereiten

Während der Elternzeit sollte man sich weiterbilden – sich zum Beispiel über Zeitschriften, Internetartikel und Newsletter auf dem Laufenden halten, mit Kollegen Kontakt halten. Das erleichtert den Wiedereinstieg. Bei entwicklungsstarken Jobs hilft ein kurzes Praktikum, den Anschluss wieder zu finden. Bewerbungskurse klären über neue Gepflogenheiten in der Arbeitswelt auf. Auch eine Fortbildung kann eine gute Möglichkeit sein, beruflich am Ball zu bleiben. Man sollte sich aber nicht zu viel vornehmen. Silke Mekat, Couch zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf, hält zehn Stunden pro Woche für machbar. Sich mehr vorzunehmen, setze einen womöglich unter Druck. Praktikabel sei auch, einmal pro Monat ein Wochenende lang eine Weiterbildung zu machen und dazwischen im Selbststudium zu lernen .