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Katholische Kirche und Homosexualität – eine unendliche Geschichte. Jetzt hat ein Kurienkardinal Schwulen und Lesben das Tor zum Himmel zugeschlagen.

Stuttgart - Katholische Kirche und Homosexualität – eine unendliche Geschichte. Jetzt hat ein Kurienkardinal Schwulen und Lesben das Tor zum Himmel zugeschlagen. Homo- und Transsexuelle kämen nicht in den Himmel, erklärte der frühere Präsident des Päpstlichen Gesundheitsrats, Kardinal Javier Lozano Barragán. Diese Weisheit entspringe nicht seinen eigenen Gedanken, so der mexikanische Kirchenmann, sondern gehe „auf den heiligen Paulus“ zurück.

Lozano Barragán übte außerdem scharfe Kritik an der "Homo-Ideologie": Man komme nicht homosexuell auf die Welt, sondern werde es durch mangelhafte Erziehung und Entwicklung, behauptete er. "Menschen werden nicht homosexuell geboren, sie werden homosexuell. Vielleicht sind sie nicht schuldig, aber wenn sie gegen die Würde des Leibes handeln, werden sie bestimmt nicht in das Himmelreich eintreten können", sagte sder Kurienkardinal in einem Interview mit dem katholischen Online-Magazin "Pontifex". Alles, was sich gegen die Natur und die Würde des Körpers richte, beleidige Gott.

Es gebe für Homosexualität verschiedene Gründe, die mit der Erziehung und mangelnder Entwicklung der eigenen Identität in der Pubertät zusammenhingen, konstatierte der Kirchenmann. Obwohl Homosexualität eine "Sünde" sei, rechtfertige sie nicht die Diskriminierung der Betroffenen, sagte Lozano Barragán. "Gott allein hat das Recht zu urteilen." Auch nach seinem Ausscheiden aus der Funktion eines vatikanischen Gesundheitsministers bekleidet er verschiedene Funktionen in päpstlichen Kongregationen.

Die Kirche unterscheidet in ihrer Lehre zwischen Personen mit homosexueller Veranlagung einerseits und homosexuellen Akten andererseits. Während der Katechismus der Katholischen Kirche festhält, dass homosexuell veranlagten Menschen "mit Achtung, Mitleid und Takt" zu begegnen sei, bezeichnet er sexuelle Akte zwischen gleichgeschlechtlichen Personen als "schlimme Abirrung". Diese "verstoßen gegen das natürliche Gesetz" und seien "in keinem Fall zu billigen". Homosexuelle seien entsprechend "zur Keuschheit berufen", heißt es weiter. Das bedeutet nach der Lehre der Kirche sexuelle Enthaltsamkeit bei unverheirateten und ein treues eheliches Verhältnis bei verheirateten Menschen.

Beim Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) ist man an solche kirchlichen Bannreden bereits gewöhnt. "Das ist menschenverachtend", sagt LSVD-Geschäftsführer Klaus Jetz unserer Zeitung. "Da wird nachgetreten bis über den Tod hinaus. Wir kennen es, seitens der römisch-katholischen Hierarchie angegangen zu werden durch unsägliche Vergleiche und Sprüche. Diese Zumutungen sind unerträglich." Die Katholische Kirche leiste dadurch einen Beitrag zu der sich ausbreitenden Homosexuellenfeindlichkeit.

Dabei sei "die Kirche selbst der größte Schwulenverein der Welt", sagte Jetz. Dieses "antiquierte Denken von vorgestern" würde von immer weniger Menschen ernstgenommen. "Wir wünschen uns, dass die Kirche im Hier und Jetzt ankommt und nicht immer wieder auf Minderheiten rumtrampelt. Sie braucht sich nicht zu wundern, wenn ihr die Leute weglaufen."