Finanzminister Wolfgang Schäuble geht gegen Finanzplätze mit Briefkastenfirmen vor. Foto: dpa

Die Machenschaften in der Steueroase Panama haben Folgen: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will das deutsche Steuerrecht ändern, damit die Hintermänner von Briefkastenfirmen bekannt werden. Auch Banken sollen verpflichtet werden, mit den Finanzbehörden zusammenzuarbeiten.

Berlin - Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) macht im Kampf gegen Steuerhinterziehung ernst. Zwei Wochen nach dem Deutschland-Besuch von Panamas Präsident Juan Carlos Varela bringt der Minister schärfere Regeln gegen Steueroasen auf den Weg. Schäubles Vorgehen zeigt, dass sich die Bundesregierung auf Varelas Beteuerungen nicht verlassen will. Panama hat angekündigt, die internationalen Standards zum Informationsaustausch nach den Vorgaben der Industrieländerorganisation OECD zu übernehmen. Das reicht Berlin aber nicht. Schäuble will mit strengeren nationalen Vorschriften Licht ins Dunkel der Briefkastenfirmen auf anderen Kontinenten bringen. Steuerpflichtige in Deutschland sollen verpflichtet werden, den Steuerbehörden über Geschäfte mit ausländischen Briefkastenfirmen Auskunft zu geben. Damit kommen sowohl auf Privatpersonen als auch Unternehmen höhere Offenlegungspflichten zu. Auch die Banken in Deutschland sollen Transaktionen mit Briefkastenfirmen melden. Das sieht ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Steuerumgehung vor, den das Kabinett im Dezember auf den Weg bringen will.

Schäuble sagt über Briefkastenfirmen: „Bleibe lasse“

Finanzminister Schäuble sagte auf dem Wirtschaftstag der Volks- und Raiffeisenbanken in Frankfurt zu den Briefkastenfirmen: „90 Prozent davon sind missbräuchlich – für Steuerhinterziehung, für Geldwäsche, für Terrorfinanzierung, für jede Schweinerei, die es gibt.“ Zweck des Gesetzes sei es auch, dass die Menschen, die so etwas nutzten, verstünden, was sie machten. „Das Allerbeste ist: Bleibe lasse“, sagte Schäuble auf gut Alemannisch.

Das Gesetz ist Teil der nationalen Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung. Daneben bereiten die 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) neue internationale Standards für Briefkastenfirmen vor. Kern des geplanten Gesetzes ist die Vorschrift, dass Steuerpflichtige in Deutschland künftig Geschäftsbeziehungen mit Briefkastenfirmen außerhalb der Europäischen Union sowie der Länder Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz offenlegen müssen. Damit zielt Schäuble nicht nur auf exotische Finanzplätze wie Panama oder die Bahamas. Große Bedeutung für die deutsche Wirtschaft hat zum Beispiel, dass in Zukunft auch Geschäftsbeziehungen mit Briefkastenfirmen im US-Bundesstaat Delaware gemeldet werden müssen. Bereits heute besteht die Pflicht, dem Finanzamt den Erwerb einer Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft mitzuteilen. Die Bedingungen werden nun enger gefasst.

Strengere Anzeigepflichten geplant

Die Anzeigepflicht soll schon für Beteiligungen von mindestens zehn Prozent gelten. Um zu verhindern, dass Treuhänder die Herkunft der Gelder und die Berechtigten verschleiern, gilt das Gesetz unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen formal beteiligt sind oder nicht. Offengelegt werden müssen Geschäftsbeziehungen, wenn die Briefkastenfirmen unmittelbar oder mittelbar vom Steuerpflichtigen beherrscht werden. Verstöße gegen die Transparenzpflichten werden mit bis zu 25 000 Euro Bußgeld geahndet. Wer die Regeln missachtet, für den gelten die Verjährungsfristen wie bei schweren Steuerhinterziehungen: das sind zehn Jahre. Im Einzelfall, so heißt es im Gesetzentwurf, könne die Verjährungsfrist sogar 20 Jahre und mehr betragen. Die strengeren Vorschriften sollen das Risiko erhöhen, von den Behörden entdeckt zu werden. Die Inhaber von Briefkastenfirmen sollen künftig auch verpflichtet sein, die Unterlagen und Aufzeichnungen aufzubewahren.

Außerdem sollen die Banken enger mit den Finanzbehörden zusammenarbeiten. Vorgesehen ist eine Anzeigepflicht für Banken. Die Geldhäuser müssen künftig den Finanzbehörden melden, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen vermittelt haben, bei denen der Bankkunde eine wichtige Stellung einnimmt. Die Anzeigepflicht für Banken gilt, wenn der inländische Steuerpflichtige mindestens 30 Prozent der Anteile an der Briefkastenfirma erwirbt. Wenn Banken und Sparkassen gegen die Pflichten verstoßen, sollen sie für die verursachten Steuerausfälle haften. Außerdem können Vergehen der Kreditwirtschaft mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro geahndet werden.

Steuerliche Bankgeheimnis fällt weg

Das steuerliche Bankgeheimnis solle ganz aufgehoben werden, heißt es im Entwurf. Dies würde den Finanzämtern mehr Einblick geben. Die Geldhäuser sollen wie andere Institutionen nach den gesetzlichen Bestimmungen Auskunft erteilen und Informationen zu den Kundenbeziehungen vorlegen. In den vergangenen Jahren ist das Bankgeheimnis allerdings schon weit gelockert worden. Bei konkreten Verdachtsfällen müssen die Kreditinstitute bereits Auskunft geben.

Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus begrüßte Schäubles Pläne. Es sei gut, dass die Bundesregierung nach der Veröffentlichung der „Panama Papers“ im Frühjahr endlich reagiere, sagte Paus. Verschärfte Anzeigepflichten und Sanktionen für Steuerpflichtige und Banken seien richtig. Die Grünen verlangten, ein öffentlich einsehbares Transparenzregister einzuführen, in dem die wirtschaftlich Berechtigten der Briefkastenfirmen aufgeführt werden.

Die Bundesregierung will ein Register für Briefkastenfirmen auf internationaler Ebene schaffen. Die Staaten sollen ein Verzeichnis schaffen, das die wirtschaftlich Berechtigten von Briefkastenfirmen nennt. Diese Informationen sollen nach Schäubles Plänen nicht öffentlich sein, sondern nur den Steuerbehörden anderer Länder und der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Das will Deutschland zusammen mit den G-20-Ländern Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien erreichen.