Ulrich Goll Foto: dpa

Er ist ohne Zweifel der letzte Rock 'n' Roller im Stuttgarter Kabinett - Justizminister Goll.

Stuttgart - Er ist ohne Zweifel der letzte Rock' n' Roller im Stuttgarter Kabinett. Justizminister Ulrich Goll (FDP) hat schon in einem "Tatort" mitgespielt, fährt eine Harley-Davidson und hat einen roten Ferrari. Für lässige Sprüche ist er immer zu haben. Am Donnerstag sagte der fast 60-Jährige zum Thema Patientenverfügung: "Als ich 20 war, war ich sicher überzeugt, dass ich lieber tot wäre, als mal 60 zu werden." Das sehe er heute aber anders. Jüngst hat sich Goll auch noch als überzeugter Waffenbesitzer geoutet, damit aber heftige Kritik geerntet. Denn: Das Thema ist seit dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen am 11. März 2009 im Südwesten vermintes Gelände.

Die Eltern der Opfer pochen unablässig auf ein schärferes Waffenrecht, beißen damit aber ausgerechnet beim Justizminister auf Granit. Der FDP-Politiker hatte die Forderungen vor dem ersten Jahrestag des Amoklaufs mit 16 Toten am 11. März noch mal mit dem Hinweis abgetan, sie seien "Vorschläge fürs Schaufenster". Zwar ist er dafür, dass Schultüren besser verschlossen werden und der Alarm verbessert wird, aber er sagte auch: "Es gilt wie überall im Leben, dass man sich für extreme Einzelfälle eigentlich nicht wirklich rüsten kann."

"Geben wir doch jedem Minister eine Waffe"

Dass Goll jetzt lang und breit über das Kaliber seiner Schießeisen räsoniert, habe ihm die Augen geöffnet, sagt Hardy Schober vom Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden: "Man sieht, dass die Waffenlobby auch in der Landesregierung sitzt." Goll müsse doch wissen, dass er eine Vorbildfunktion habe. Das Werben der Regierung dafür, dass möglichst viele Privatleute ihre Waffen abgeben, sei damit so gut wie wirkungslos geworden, meint Schober. "Schließlich hat der Justizminister selbst eine großkalibrige Waffe." Goll lässt auch diese Kritik an sich abperlen. Er wolle seine 9-Millimeter-Pistole von Heckler & Koch sowie seinen Revolver von Smith & Wesson vom Kaliber 22 behalten. Da er seit 1996 freiwillig auf Personenschutz verzichte, wolle er wenigstens die Möglichkeit haben, sich selbst gegen Angriffe zu wehren. "Für mich ist es ein bisschen eine beruhigende Kompensation."

Zugleich gibt Goll zu verstehen, dass er immer wieder bedroht wird. Es gebe "Grenzgänger" wie ehemalige und aktuelle Gefängnisinsassen, die durchaus ein Interesse daran hätten, ihm zu schaden. So gebe es die Anweisung an sein Haus, ihm mitzuteilen, wenn bestimmte Knackis entlassen würden.

Warum wehrt er sich dann trotzdem gegen Personenschutz, fragen nicht nur die Grünen im Landtag. "Ich sehe das für mich nicht als hilfreich an", antwortet Goll. Für ihn allein müssten sechs Personenschützer abgestellt werden. Ob das etwas bringe, sei eine andere Frage. "Wenn man dem Günther Oettinger eine Torte auf die Brust werfen kann, dann weiß ich eigentlich schon alles." Ende 2007 hatte eine Studentin Oettinger attackiert.

Goll will sich im Zweifel lieber auf sich selbst verlassen. "Wenn jemand mit dem Messer auf mich losgeht, könnte ich von der Waffe Gebrauch machen." Der Grünen-Innenexperte Hans-Ulrich Sckerl versteht den Minister nicht: "Wenn Goll sich latent bedroht fühlt, soll er endlich den Personenschutz für sich in Anspruch nehmen." Dass sich Goll im Ernstfall selbst verteidigen will, sei mehr als merkwürdig. "Wir sind ja schließlich nicht im Wilden Westen, sondern in einem Rechtsstaat, in dem die Polizei für Recht und Ordnung sorgt." Und Schober vom Aktionsbündnis kommentiert es sarkastisch: "Geben wir doch jedem Minister eine Waffe, dann sparen wir uns den Personenschutz."