Foto: dpa

Berlin - Für Wirbel hat die Großspende eines Hotelunternehmens an die FDP gesorgt. Der Jurist Christian Kirchberg kann allerdings keinen Gesetzesverstoß erkennen.

berlin - Für Wirbel hat die Großspende eines Hotelunternehmens an die FDP gesorgt - 1,1 Millionen Euro hat die Düsseldorfer Substantia AG den Liberalen innerhalb eines Jahres überwiesen. Der Jurist Christian Kirchberg kann allerdings keinen Gesetzesverstoß erkennen.

Herr Kirchberg, dürfen die Parteien eigentlich von jedermann Geld annehmen?

Nein. Sie dürfen Spenden annehmen, aber es gibt unzulässige Spender. Ein Hotellerieverband gehört aber sicher nicht zu denen, die prinzipiell ausgeschlossen sind. Nicht spenden dürfen etwa öffentlich-rechtliche Körperschaften und Wirtschaftsunternehmen, die überwiegend im Staatsbesitz sind. Auch ausländische Spenden sind nur eingeschränkt zulässig. Und natürlich anonyme Spenden oder sogenannte Vorteilsspenden. Das sind die Hauptgruppen.

Dürfen Parteien von den berechtigten Spendern Mittel in unbegrenzter Höhe annehmen?

Ja. Da gibt es keine Höhenbegrenzung. Die gibt es allenfalls mittelbar: Die Parteien bekommen pro Spende einer natürlichen Person 38 Cent pro Spenden-Euro zusätzlich als Teil der staatlichen Parteienfinanzierung - das geht aber nur bis zu einer Spendenhöhe von maximal 3300 Euro im Jahr. Zusätzlich gibt es die Verpflichtung, Spenden, die über 50 000 Euro liegen, umgehend den Bundestagspräsidenten anzuzeigen.

Verboten sind Spenden "in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils", heißt es im Gesetz. Ist es nicht eine Illusion, dass etwa Wirtschaftsverbände nur aus Sorge um das politische Gemeinwesen spenden? Es geht doch immer um Interessen.

Das Gesetz sagt eindeutig, dass Parteien berechtigt sind, Spenden anzunehmen. Dem Gesetzgeber ist dabei auch klar, dass diese Spenden nicht als Almosen gegeben werden, sondern in der Erwartung, um die von der jeweiligen Person oder von dem jeweiligen Verband gut geheißenen Ziele einer Partei fördern zu können. Das heißt: Eine allgemeine politische Einflussnahme im Sinne der Ziele oder des Programms einer Partei ist erkennbar der Sinn einer jeden Spende. Das ist rechtens. Ausgeschlossen ist eine Vorteilsspende - oder auch eine so genannte Dankeschön-Spende nach erledigtem Job -, bei der es um einen ganz konkreten Vorteil oder Zweck geht.

Das schafft eine Grauzone.

Sicher. Aber die einschlägigen Kommentierungen dieser Beistimmung sehen den Tatbestand erst als erfüllt an, wenn eine konkrete Unrechtsvereinbarung zwischen der Partei und dem jeweiligen Spender dingfest gemacht werden kann. Das gelingt in den allerseltensten Fällen.

Es müsste also schwarz auf weiß eine Abmachung vorliegen: Du gibst mir Geld und ich setze mich für präzise dieses Gesetz mit genau dieser Formulierung ein?

Genau.

Ein erfundenes Beispiel: Wenn die Atomwirtschaft der Union Geld spenden würde, weil sie deren Energiepolitik gut findet ...

... dann ist das in Ordnung.

Aber wenn sie fordert, für diese sagen wir 100.000 Euro ein ganz bestimmtes Kraftwerk noch zehn Jahre am Netz zu halten ...

... dann läge die Unrechtsvereinbarung vor, und die Spende wäre illegal. Aber eine allgemeine Unterstützung der Atompolitik einer Partei wäre nicht zu beanstanden.

Und jetzt konkret zur jetzt bekannt gewordenen Spende aus der Hotellerie an die FDP: Ist das legal?

Natürlich gibt es bei den Spenden Grauzonen, und leicht geht es ins politisch Anrüchige hinüber. Da macht diese Spende wohl keine Ausnahme. Aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass in diesem Fall ein juristisch hinlänglich konkreter Bezug der Spende zur Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen ermittelbar ist. Letztlich bleibt dies aber natürlich einer etwaigen, genauen Untersuchung dieses Sachverhalts durch die dafür zuständige Bundestagsverwaltung vorbehalten.

Weil das spezielle Thema immer schon in der Luft lag?

Ja. Die Frage der Mehrwertsteuer-Reduzierung in dieser Branche ist ja nicht erst im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP aufgetaucht. Sie gehörte zum Beispiel zum Wahlprogramm der FDP. Das alles bewegt sich wohl im Bereich des Lobbyismus und der Einflussnahme, was noch zum Zulässigen gehört. Die Sache könnte erst dann über das möglicherweise politisch Anrüchige hinaus ein Rechtsproblem aufwerfen, wenn man tatsächlich beide Seiten mit dem rauchenden Colt in der Hand anträfe, also mit einer konkreten Vereinbarung.

Halten Sie die Transparenzregeln für ausreichend?

Die Regeln sind grundsätzlich ausreichend. Sie wurden 2002 in der Konsequenz der CDU-Spendenaffäre schärfer gefasst. Das funktioniert im Ganzen sehr effektiv.