Armut hat viele Gesichter. Foto: dpa-Zentralbild

Jede fünfte Familie in Stuttgart ist alleinerziehend und fällt damit unter die Gruppe mit dem höchsten Armutsrisiko. Tut die Stadt genug dagegen? Im Jugendhilfeausschuss wurden Zweifel und der Ruf nach einer Task Force laut.

Stuttgart - Mit dem Sozialdatenatlas hat die Stadt eine feinräumige Datenanalyse vorgelegt. Ergebnis: Es hat sich trotz umfangreicher Unterstützungssysteme wenig geändert – weder in der sozialen Zusammensetzung der Quartiere noch bei den gefährdeten Gruppen.

„Das höchste Armutsrisiko gibt es bei Alleinerziehenden“, so Vertreterinnen des Sozialamts und Jugendamtschefin Susanne Heynen bei der Vorstellung des Datenwerks im Jugendhilfeausschuss. „Das ist jede fünfte Familie.“ Die Zahlen belegen dies: 3985 der Alleinerziehenden beziehen Arbeitslosengeld II inklusive Sozialgeld. Das entspricht einem Anteil von 33,8 Prozent, gerade mal zwei Prozentpunkte weniger als drei Jahre zuvor, und es zieht laut Heynen auch einen hohen Bedarf an ambulanten Hilfen mit sich. Das Armutsrisiko hat sich gerade für diesen Personenkreis auf einem sehr hohen Niveau verfestigt.

Mehr als 11 000 Kinder und Jugendliche in Stuttgart sind von Armut betroffen

„Das dürfte in unserer Stadt eigentlich nicht sein“, sagte Iris Ripsam (CDU) im Jugendhilfeausschuss. Sie frage sich, ob die Investitionen überhaupt wirken. Und: „Was bedeutet Armut für die Kinder und Jugendlichen, die hier leben?“ Laut Stadt sind davon 4658 unter Sechsjährige und 6648 Sechs- bis 17-Jährige betroffen. Zudem konnte sie kaum glauben, dass in Stuttgart mehr als 1000 junge Leute unter 25 arbeitslos gemeldet sind. Für Vittorio Lazaridis (Grüne) „ein skandalöser Zustand“. Er forderte hierzu einen Bericht über die Aktivitäten der Stadt. Klaus Käpplinger von der Evangelischen Gesellschaft eva schlug Patenmodelle für Jugendliche vor, die nicht in den Beruf finden.

Judith Vowinkel (SPD) begrüßte, dass es im Mai 2019 eine Armutskonferenz geben wird, hätte sich aber Handlungsperspektiven gewünscht und eine Task Force. Laura Halding-Hoppenheit (SÖS/Linke-plus) schlug vor, Betroffene zu Wort kommen zu lassen. Die Kinderbeauftragte Maria Haller-Kindler zeigte sich überzeugt, dass die Lebensqualität für Menschen etwa im Hallschlag besser geworden sei, auch wenn dies keine Daten belegten.