Gedenken an die jüdischen Opfer der Deportation: Martin Schairer, Michael Kashi, Jochen Maurer (v. li.) Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Etwa tausend Juden aus Stuttgart und Württemberg wurden am 1. Dezember 1941 vom Killesberg aus ins Konzentrationslager Riga deportiert und ermordet. Eine Gedenkstunde hält die Erinnerung an das Unbegreifliche wach.

stuttgart - Sie fuhren drei Tage und Nächte, litten an Hunger, Durst und Kälte und der Ungewissheit über ihr Schicksal, viele starben schon unterwegs an Erschöpfung: Etwa tausend Juden aus Stuttgart und Württemberg wurden am 1. Dezember 1941 und weitere 1500 Leidensgenossen 1942 in das Konzentrationslager Riga deportiert und bis auf wenige Ausnahmen ermordet. „Sie waren unsere Nachbarn, Freunde, der Arzt, vielleicht der Musiklehrer der Kinder“, machte Martin Schairer, Bürgermeister und evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, bei der Gedenkstunde am Killesberg das Unbegreifliche des Holocausts noch deutlicher. „Die Erinnerung darf nicht verlöschen“, forderte er. Seit langem erinnert hier eine Stele an die Opfer. Ein Metallkreis im Boden symbolisiert den Raum, auf dem man 2500 Menschen zusammen pferchen kann.

Hier, im idyllischen Höhenpark, mussten sich die Juden in der Ländlichen Gaststätte einfinden. „Das sieht ja aus wie in einer Flüchtlingsunterkunft“, stellten Schüler der Freien Waldorfschule am Kräherwald fest, die sich unter der Leitung von Jochen Maurer, Pfarrer an der Erlöserkirche, an der Gedenkfeier mit Texten und Liedern beteiligten und vorher historische Fotos dazu betrachtet hatten. „74 Jahre liegen zwischen den Bildern, die sich ähneln und doch so verschieden sind“, betonte Pfarrer Maurer: „Die Flüchtlinge von heute wissen sich nach Gefahren und Hindernissen in Sicherheit, die Juden damals hätten ihr Leben nur durch Flucht retten können.“

„Wir dürfen vor dieser Herausforderung nicht flüchten“, nahm auch Schairer Bezug auf die aktuelle Situation und appellierte, „mutig die freiheitliche Grundordnung zu verteidigen und gegen Rassismus Widerstand zu leisten, sei er antisemitisch oder anti-islamistisch“.

Als Zeichen der Hoffnung würdigte Michael Kashi, Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinschaft (IRGW), die engagierte Beteiligung der jungen Menschen an der Gedenkstunde: „Das ist ein Wegweiser in eine bessere Zukunft.“