Jordi Savall Foto: Ignaszewski

„Krieg und Frieden“ heißt das Programm, mit dem der katalanische Gambist und Dirigent am Donnerstagabend bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen zu Gast war.

Ludwigsburg - Es ist ein Traum. Auf der Bühne des Ludwigsburger Forums am Schlosspark sitzen und stehen 35 Sänger und Instrumentalisten, einige davon mit alten Instrumenten, die heute kaum einer mehr kennt: Schalmei, Zink oder Barockposaune (Sackbut); das exotische Klang-Tableau der Ensembles Hespèrion XXI und Le Concert des Nations ergänzen vier Instrumente der orientalischen Volksmusik: die Flöte Kaval, die Laute Oud, die Zither Kanun, das Hackbrett Santur. Zu erleben ist die Utopie einer musikalischen Union: So, wie Jordi Savall am Donnerstagabend im Ludwigsburger Forum am Schlosspark barocke und volkstümliche Instrumente zusammenbringt, wäre ein gemeinsames Klang-Glück gleichberechtigter Partner möglich. Es braucht halt nur einen wie den katalanischen Gambisten und Dirigenten, der spielend und dirigierend die Welten verbindet. Dann lässt sich ein Programm spinnen, in dem die so unverwechselbar pastellenen Klangfarben von Savalls Alte-Musik-Ensembles, das solistisch geprägte vokale Miteinander der Capella Reial de Catalunya und die (leider überflüssigerweise akustisch verstärkten) orientalischen Akzente ebenso ineinander fließen wie die Kategorien Komposition und Improvisation, Kunst- und Volksmusik.

Dass der Saal für die feinen frühbarocken Klänge ein wenig zu groß ist, ja dass durch die weite Aufstellung der Musiker im Raum manche Präzision in der Koordination verloren geht, ist allerdings zu bemängeln. Schweres Gepäck ist indes das Thema des Abends: „Krieg und Frieden“ lautet es, und es sorgt nicht nur für erhellende Einblicke in die Verbindungen, die Kunst und Politik zwischen dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges und dem Ende des spanischen Erfolgekrieges eingingen (also im Jahrhundert zwischen 1614 und 1714), sondern mag auch skeptisch stimmen. Das grundsätzlich Schöne, das jeder Musik anhaftet, verleiht dem Programm etwas Harmonistisches, Ästhetizistisches; die kurzen historischen Einordnungen, die ein Chorsänger den jeweiligen Stücken voranstellte, reichten nicht aus, um diesen Eindruck zu relativieren. Ein aramäisches Klagelied und mancher Chorsatz (so etwa Rosenmüllers „Siehe an die Werke Gottes“) vermittelten lediglich ansatzweise ein Gefühl von der Brutalität, den menschlichen Katastrophen und der Entwurzelung, die mit Kriegen immer einhergehen.

Dass Savall ausgerechnet ein hart am Sakralkitsch vorüber mäanderndes Stück von Arvo Pärt als Zugabe wählt, macht die Sache nicht besser. Musikalisch konnte man die Stücke von Schein, Scheidt, Lully und Charpentier (mit der Eurovisions-Hymne im Vorspiel zum „Te Deum“) bis hin zu Händel genießen. In der Seele jedoch bleibt ein bitterer Nachgeschmack.