Antikes Erbe: Die Ruinen des römischen Herkulestempels auf dem Zitadellenhügel von Amman. Foto: Bernhard

In Jordaniens Hauptstadt Amman überzeugen Gastfreundschaft, Geschichte und Genuss. Dahinter stecken oft geniale Frauen.  

Amman - In der Moschee ruft der Muezzin zum Abendgebet. Die letzten Sonnenstrahlen tauchen die zahllosen weißen Häuserwürfel, die die 17 Hügel der jordanischen Hauptstadt Amman überziehen, in ein warmes Rosarot. „Achlan wa sachlan“ (herzlich willkommen), begrüßt Maria Haddad ihre Gäste, die zum Kochkurs ins Haus der Großmutter gekommen sind. Ihre Enkelinnen Maria, Dina und Tamia führen hier eine Kochschule, in der sie Touristen wie Einheimische in die Geheimnisse der jordanischen Küche einweihen.

Geheimnis Nummer eins sind die frischen Zutaten aus dem hauseigenen Garten: Zitronen, Feigen, Oliven, Lorbeer und Minze gedeihen hier ganz ohne Chemie. „Der Rest kommt von unseren beiden Farmen“, berichtet Maria Haddat. Nach einem kurzen Blick ins Haus, in dem Omas bestickte Blümchensessel, Röhrenradio und ausgeblichene Mosaikböden an die frühere Hausherrin erinnern, geht es schon los. In der Freiluftküche auf der Dachterrasse heißt es Knoblauch und Petersilie schnippeln, Auberginen auf dem offenen Feuer rösten, Teig fürs Fladenbrot kneten. Küchenchefin Lili Rabieh gibt viele Tipps und immer wieder Rätsel auf. „Welches Gewürz ist das? Aus welchen Kräutern besteht diese Mischung?“ Angesichts von 1001 Duft- und Geschmacksexplosionen stößt der Mitteleuropäer schnell an seine Grenzen.

Motabl, ein Auberginen-Dip mit Joghurt

Kardamom und Koriander kennt man ja noch, aber Zater und Zumac? Ein seliges Grinsen erscheint dort, als das Ergebnis von zweieinhalb Lehrstunden und einem Dutzend fleißiger Hände auf dem Tisch steht: Motabl, ein Auberginen-Dip mit Joghurt und Sesampaste, und Tabouleh, ein bunter Salat mit viel Petersilie, dazu frisches Brot vom heißen Stein. Hinter Mandi, dem Hauptgericht, verbirgt sich ein mit Granatapfelsirup gesalbtes und in einer geheimnisvollen Kräutermischung gebadetes Hühnchen mit geräuchertem Gewürzreis. Den Abschluss krönt Knafeh, eine Art Auflauf aus Nudeln, weißem Käse, Sirup und Nüssen.

Inmitten einer krisengeschüttelten Region bildet Jordanien eine friedliche Oase und gilt dem Westen und den arabischen Nachbarn als verlässlicher Partner. Die Königsfamilie ist beliebt, ihr Regiment weitgehend akzeptiert. Die Flüchtlingswellen aus Palästina, dem Irak und zuletzt Syrien bescherten dem Land rund drei Millionen Neubürger, das ist fast die Hälfte der Bevölkerung. Dennoch hört man nirgendwo ein böses Wort. Flüchtlingen muss man helfen, so der einhellige Tenor. Hana Sadiq, eine von Jordaniens bekanntesten Designerinnen, gehört zu den stillen Helfern. Ihr Großvater zog als Karawanenhändler mit edlen Stoffen durchs Land, die Mutter war Musterweberin. Hana Sadiq verließ ihre Heimat Bagdad nach dem Studium und begann in Beirut mit Modedesign.

Später in Jordanien fand sie sich nach dem frühen Tod ihres Mannes in der Rolle der Familienernährerin wieder. Die drei Kinder der 64-Jährigen brauchen heute keine Unterstützung mehr, doch Familienchefin ist Hana Sadiq immer noch. Für die rund 80 Einzelstücke, die sie pro Monat entwirft, nähen und sticken die Frauen aus 27 Flüchtlingsfamilien. „Ich helfe ihnen dabei, auf eigenen Füßen zu stehen“, so die Designerin. Hana Sadiq mixt Mode und Kunst, verbindet traditionelle Muster aus dem arabischen Raum mit zeitgemäßen Schnitten. Heraus kommen mal edle, mal farbenprächtige, mal ausgefallene Kleider, die sie in ihrem Laden im Stadtteil Jabal zu erschwinglichen Preisen verkauft. Auch ihre Designerkollegin Abla Azar, deren Spezialität Kleider aus Kamelhaar und Seide mit eingestickten arabischen Gedichten sind, beschäftigt fast 100 Flüchtlingsfrauen.

Jammern ist nicht ihr Ding

Schließlich weiß die palästinensische Christin, wie ein sicheres Auskommen Heimweh und Verzweiflung lindern kann. Obwohl sie fast ihr ganzes Leben in Jordanien verbrachte, träumt sie noch von ihrer Heimatstadt Jerusalem. Doch Jammern ist nicht ihr Ding, deshalb erzählt sie den Besuchern lieber, wie mangelhafte Schriftkenntnisse der Kinder sie einst auf die Idee brachten, arabische Buchstaben auf Kleidung zu malen, und wie sich daraus ihr spezielles Design entwickelte. Einkaufen macht nicht nur bei den beiden Frauen viel Vergnügen. Auch in den zahlreichen Shopping-Malls kommen Bummler auf ihre Kosten. Authentisches bietet das Wild Jordan Center, wo Kräuterseifen, Schmuck, Gebäck und Taschen verkauft werden, die aus Frauenprojekten von Naturschutzorganisationen stammen.

Wer Orient pur sucht, taucht ein in die Souks der quirligen Altstadt am Fuße der mächtigen Zitadelle. Herrliche Düfte nach erfrischender Minze, vollreifen Tomaten und zuckersüßen Feigen weisen den Weg zum Gemüsemarkt. Auch zu überhören ist er nicht, denn die Händler bewerben lautstark ihre Waren. Im Gold-Souk ist fast alles Gold, was glänzt. Glänzende Augen bekommen vor allem jordanische Mädchen, denn das Brautgeld wird traditionell in Goldschmuck angelegt. Bei den Gewürzhändlern erahnt man, woher die arabische Küche ihre Überraschungsmomente bezieht. Bis 2011 verzeichnete Jordanien wachsende Touristenzahlen und baute deshalb den Flughafen aus. Doch seit der Syrien-Krise kommt kaum noch einer. In der Felsenstadt Petra trifft man nur ein paar Bibel-Reisende. Dabei hat das Land nicht nur viel Geschichte zu bieten, sondern ist allen Krisen zum Trotz gastfreundlich und weltoffen geblieben.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Jordanien

Anreise
Direktflüge nach Amman mit Royal Jordanian, ab Frankfurt, München und Berlin, ab 577 Euro, www.rj.com , Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt nach Amman, ab 575 Euro, www.lufthansa.com

Unterkunft
Hotel Toledo, Jabal Al Hussein, 37 Al Razi St. Amman, DZ ab 75 Euro, www.toledohotel.jo .

Hotel Cham Palace Amman, Shmeisani St. Amman, DZ ab 114 Euro, www.ammanchamhotel.com .

Hotel Le Meridien, Queen Nour Street Amman, DZ ab 163 Euro, www.lemeridien.com/amman .

Allgemeine Informationen
Jordan Tourism Board, c/o Lieb Management & Beteiligungs GmbH, Bavariaring 38, 80336 München. Tel. 089 / 6 89 06 38 - 18, www.visitjordan.com .

Sehenswert/Ausflüge
Jerash: Die einstige römische Stadt ist ein riesiges Freilichtmuseum mit Tempeln, Theatern und Kirchen aus 3000 Jahren.

Berg Nebo und Maddaba: Hier kann man auf biblischen Spuren wandeln und am Rekord-Mosaik fürs Guinness-Buch mitmachen.

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