Foto: dpa

In dieser Woche haben sich die Ereignisse, wie der Autofahrer sagt, überschlagen, und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.

In dieser Woche haben sich die Ereignisse, wie der Autofahrer sagt, überschlagen, und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Erst war da die Sache mit dem Papst und seinen Pius-Brüdern in ihrem deutschen Hauptquartier Feuerbach. Die Getreuen des Papstes, Herrschaften im mittleren Mittelalter, unterhalten in Feuerbach ihre vor 23 Jahren geweihte Barockkirche. In ihren Gottesdiensten sprechen sie Latein, so dass man wenig verstehen würde, sollten sie gerade gegen die Schwulen und andere Kinder Gottes hetzen. Obwohl ich oft in Feuerbach verkehre, bin ich nie in dieser Kirche gewesen. Das hat damit zu tun, dass mich der liebe Gott mit keinerlei handwerklichem Talent ausgestattet hat.

Die Kirche St. Maria Himmelfahrt befindet sich an der Stuttgarter Straße 23, und falls Sie dort mal vorbeikommen, finden Sie direkt gegenüber alles, was Sie brauchen. Der Baumarkt Obi auf der anderen Straßenseite offeriert zurzeit günstig die Metabo-Handkreissäge, den Lux-Schlosserhammer und die Black & Decker-Oberfräse. Damit, glauben Sie mir, lassen sich in Religionsfragen nicht nur Vorurteile abbauen. Urbi et obi.

Eine messiasähnliche Figur ist ganz sicher Pierre Brice; er wurde in den Karl-May-Filmen von dem Indianer Winnetou verkörpert. Wer sagt, es sei umgekehrt, ist kein Fan von Pierre Brice.

Der Schauspieler feierte diese Woche mit großem Echo seinen 80. Geburtstag. Begonnen hat sein Aufstieg zum roten Häuptling der "Bravo"-Leser in Stuttgart. Am 12. Dezember 1962 wurde im Universum in der unteren Königstraße "Der Schatz im Silbersee" uraufgeführt. Das Universum war ein Premierenkino, es befand sich dort, wo inzwischen der Kaufhof steht. Man darf sich eine Premiere damals nicht wie heute eine Preview voller Popcornfresser vorstellen. Die Welturaufführung des ersten Karl-May-Films ging exklusiv in Stuttgart über die Bühne, mit rotem Teppich und echten Stars.

Ich selbst kann nicht mitreden als Zeitzeuge, ich war damals acht Jahre alt, wohnte auf dem Dorf und musste noch lange warten, bis der Film auch bei uns lief, sonntags im Kino der benachbarten Kleinstadt Heubach unterm Rosenstein. Im vergangenen Sommer war ich zum ersten Mal nach 35 Jahren wieder in Heubach. Als ich zufällig an dem Gebäude vorbeikam, in dem früher das Kino wöchentlich Filme zeigte, habe ich es sofort wieder erkannt; ansonsten wusste ich nur noch, wo es zum Fußballplatz geht. Kein Mensch vergisst seine erste Begegnung mit Winnetou alias Pierre Brice an der Seite von Old Shatterhand alias Lex Barker. Wenn ich jedoch ehrlich bin, war ich damals in völliger Verkennung der Filmkunst mehr dem weißen Westmann zugeneigt als seinem roten Bruder. Lex Barker war Amerikaner, Pierre Brice Franzose. Ende. Für göttlich hielt ich beide. Dennoch unterscheiden sie sich vom Papst. Winnetou & Shatterhand sind unfehlbar.

Als ich in unserem Archiv nach Infos über das wohl weltstädtische Kino Universum suchte, entdeckte ich eine Geschichte mit Erinnerungen von Martin Hohnecker in der "Stuttgarter Zeitung" von 1991.

Im Universum fanden früher nach den Filmen Jazzkonzerte statt, meistens begannen sie um 23 Uhr. Im November 1956 gastierte eine amerikanische Truppe unter dem Motto "Birdland" in der Königstraße. Als Erster trat der legendäre Saxophonist Lester Young auf, danach der geniale Bebop-Pianist Bud Powell - und am Ende der dreißigjährige Trompeter Miles Davis. Dieser Mann, bald einer der größten Jazzstars aller Zeiten, ignorierte seine Fans. Er zeigte ihnen auf der Bühne den Rücken. Dieses Ritual vergrätzte damals das Publikum - ist aber nichts Besonderes im Showbiz: Bis heute zelebrieren es die Pius-Priester in ihren Messen.

Joe Bauer liest am Mittwoch, 18. Februar, in der Rampe. Gäste: Los Gigantes, Dacia Bridges. Karten: 6200909-16.