Im Jemen sind infolge des Bürgerkriegs Millionen Menschen vom Hungertod bedroht. Foto: AFP

Im vom Bürgerkrieg verheerten Jemen nimmt die Zahl der Hungernden drastisch zu. Hilfsorganisationen warnen vor einem „Land der Gespenster“.

Hodeida - Bei den Kämpfen um die jemenitische Hafenstadt Hodeida sind seit Samstag mehr als 60 Kämpfer getötet worden. Binnen 24 Stunden seien 43 Rebellen und 18 regierungstreue Kämpfer getötet worden, teilten Ärzte am Sonntag in der Stadt am Roten Meer mit. Ein Militärvertreter bestätigte die Opferzahl. Dutzende verletzte Rebellenkämpfer seien zudem in die Provinzen Sanaa und Ibb im Landesinneren gebracht worden, sagte ein Vertreter des Militärkrankenhauses in Hodeida.

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Die Regierungstruppen wollen die von den Huthi-Rebellen kontrollierte Stadt zurückzuerobern und stoßen dabei auf erbitterten Widerstand. Am Sonntag gab es erste Gefechte in Wohnstraßen. Wie ein Militärvertreter sagte, rückten die Regierungstruppen erstmals in ein Wohnviertel im Osten von Hodeida vor, um die Straßen von Rebellenkämpfern zu „säubern“.

Helfer warnen vor „Land der Gespenster“

Unterdessen sorgten sich Hilfsorganisationen weiter um die Lage der Zivilisten in dem Bürgerkriegsland. Das Welternährungsprogramm kündigte an, seine Lebensmittelhilfen verdoppeln zu wollen. WFP-Sprecher Herve Verhoosel sagte am Donnerstag in Genf, derzeit würden täglich Nahrungsmittel für sieben bis acht Millionen Menschen ausgeliefert. Das neue Ziel sei es, 14 Millionen Menschen mit Essen zu versorgen. Das bedeute eine „riesige Menge“ logistischer Arbeit, finanzieller Mittel und Vorbereitung.

Vor allem aber müsse die Gewalt in dem Land sofort enden, mahnte der Sprecher. „Sonst wird der Jemen ein Land der Gespenster, mit Menschen, die nur noch Knochengerüste sind.“ Die Vereinten Nationen hatten im Oktober gewarnt, dass im Jemen 14 Millionen Menschen vom Hunger bedroht seien, fast die Hälfte der Bevölkerung. Die UNO spricht von der schwersten humanitären Krise weltweit.

In Hodeida beschrieb ein Vertreter der Hilfsorganisation Islamic Relief, Salem Dschaffer Baobaid, die „Erschöpfung und Angst“ in den Gesichtern seiner Nachbarn, die wegen der nächtlichen Luftangriffe nicht mehr schliefen. „Die Menschen fragen nach mehr Lebensmitteln, aber was wir auch tun, die Hilfsorganisationen können nicht ein ganzes Land ernähren“, sagte er laut der Nachrichtenagentur Irin.

Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten

Im Jemen herrscht seit 2014 ein Krieg zwischen schiitischen Huthi-Rebellen und den vom sunnitischen Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi. Nach UN-Angaben wurden bereits rund 10.000 Menschen getötet, unter ihnen tausende Zivilisten.

Die Anführer der mit der jemenitischen Regierung verbündeten Militärkoalition - Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate - wollen demnach zunächst Hodeida zurückerobern, bevor sie Friedensgespräche mit den Huthi-Rebellen beginnen. Dies gebe der Regierung eine bessere Verhandlungsposition.

Im Hafen von Hodeida werden die meisten Importe und internationalen Hilfslieferungen für den Jemen umgeschlagen. Die Militärkoalition hatte die Offensive auf die Hafenstadt zunächst im Juni gestartet, im Juli aber zugunsten der Friedensbemühungen der UNO unterbrochen. Nachdem der Vermittlungsversuch im September gescheitert war, kündigte die Koalition die Fortsetzung der Offensive an.