Der Organisator Maximilian Merkle setzt beim Esslinger Jazzfestival auf Qualität statt Quantität. Foto: Horst Rudel

Der Organisator des Esslinger Jazzfestivals, Maximilian Merkle, macht in Sachen Qualität keine Kompromisse.

Esslingen - Jetzt geht es los: Am Mittwoch, 17. Oktober, beginnt das Esslinger Jazzfestival mit einem hochkarätigen Doppelkonzert des Brasilianers Egberto Gismonti und dem international besetzten Tarkovsky Quartett des Franzosen Francois Couturier in der Stadtkirche. Mit der vierten Auflage des Festivals hat der Festivalinitiator und -leiter Maximilian Merkle die eigene Messlatte noch ein wenig höher gelegt. Denn das Festivalprogramm greift einem runden Geburtstag vor. Eigentlich erst im kommenden Jahr wird das Münchener Edel-Label ECM 50 Jahre alt. Aber in Esslingen gratuliert man vorausschauend mit einem zwar notwendig kleinen, aber feinen Blick in den Label-Katalog, der das Zeug hat, eine endlose Party zu befeuern.

So stehen der Gitarrist Ralph Towner, das Carla Bley Trio, Eleni Karaindrou und ein Trio um Django Bates auf dem Programm. Und selbst beim Allstar-Quartett Aziza haben drei der vier beteiligten Musiker eine ECM-Historie. Das Pablo Held Trio ist erklärtermaßen „Dauergast“ des Festivals.

Keine Zugeständnisse

Ein weiteres Mal hat Maximilian Merkle also nicht nur sein Credo „Qualität vor Quantität“ beeindruckend realisiert, sondern ist dabei auch keine wohlfeilen Kompromisse durch populäre Crossover-Zugeständnisse eingegangen. Im Gespräch bezeichnet Merkle die Programmgestaltung eines kompakten Festivals als einen „Balanceakt zwischen Wunsch und Möglichkeit“. Ein Wunsch muss sich als realisierbar erweisen, sowohl terminlich als auch finanziell. Mitunter kommt Bewegung ins Spiel, wenn ein Festival bereits über einen guten Ruf unter Musikern verfügt oder aber, ergänzend, das Programm – wie in diesem Jahr – in enger Zusammenarbeit mit dem betreffenden Label entsteht.

Von Vorteil ist es natürlich auch, wenn ein Festival noch nicht so etabliert ist, dass es sich selbst noch ein paar Freiheiten in Sachen Flexibilität gestatten kann. So rutschte das Festival in diesem Jahr weit nach hinten im Jahr, wodurch allerdings das Open-Air-Flair auf dem Hafenmarkt geopfert werden musste.

Das Jazzfestival war 2015 mit dem erklärten Anspruch angetreten, in einer Stadt mit bedeutender Jazzgeschichte und zwei Konzertstätten, in denen regelmäßig Jazz veranstaltet wird, ein Ausrufezeichen zu setzen. Gleichzeitig sollte es auf den Alltagsbetrieb im altehrwürdigen Jazzkeller und das ambitionierte Programm in der Dieselstrasse produktiv aufmerksam machen. Eben eine Leuchtturm-Veranstaltung im besten Sinne, weshalb es auch konsequent ist, dass diese beiden Veranstalter im Festivalprogramm nicht nur präsent sind, sondern eigene Konzerte beisteuern.

Das Festival lebt nicht von der Gewinnorientierung

Dem Jazzfestival Esslingen geht es vorrangig um die Musik. Musik von Relevanz, die dem eigenen Musikgeschmack entgegenkommen sollte, wie Merkle nicht ohne Augenzwinkern anmerkt. Als gemeinnütziger Verein muss das Festival keinen Gewinn machen. In Hintergrund baut er auf potente Unterstützer, aber ein finanzielles Kamikaze-Experiment ist natürlich nicht drin. Gewinnorientierung bei einer Festivalprogrammierung sei zwar durchaus legitim, aber in Esslingen sei die Möglichkeit gegeben, sich in erster Linie um die Qualität des Gebotenen zu bekümmern.

Dennoch: ein Selbstläufer sei ein solches Festival keineswegs. Auf gleich mehreren Ebenen müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden: bei Sponsoren, bei den öffentlichen Förderern, beim Publikum und schließlich auch bei den Musikern und Musikerinnen. Womit aber auch ein spezifisches Esslinger Problem anzusprechen ist, nämlich die Not an geeigneten Veranstaltungsräumen. Zwar werden die etablierten Möglichkeiten im Jazzkeller und in der Dieselstrasse genutzt und mit der Stadtkirche und der Landesbühne stehen weitere Räumlichkeiten zur Verfügung, die aber teilweise nur für bestimmte Spielweisen des Jazz und für bestimmte Publikumskapazitäten brauchbar sind.

Zwei Konzerte in Stuttgart

Auch in diesem Jahr weicht das Festival mit zwei der sieben Konzerte in das Spardawelt Eventcenter nach Stuttgart aus, womit dort eine interessierte Öffentlichkeit in der Landeshauptstadt auf das Festival aufmerksam gemacht werden soll und kann. Aber für den „Leuchtturmcharakter“ des Festivals in Esslingen selbst scheint das eine problematische Entscheidung,

Womit man aber gewiss ein paar Stuttgarter nach Esslingen locken kann, ist die Tatsache, dass es in Esslingen noch ein Kommunales Kino gibt, das seines Zeichens auch Veranstaltungsort des Festivals ist. Hier wird am Samstagnachmittag um 16 Uhr die sehenswerte Reise- und Musikdokumentation „Sounds and Silence – Travels with Manfred Eicher“ gezeigt werden. Die beste Nachricht zum Schluss: Der berühmte ECM-Produzent ist nach der Vorführung zu einem Jazzgespräch zu Gast. Wer Eicher kennt, weiß: Der Mann hat viel erlebt und Einiges zu erzählen.