So was kommt beim japanischen Publikum gut an: schwäbische Strickerinnen auf einem Stuttgarter Stäffele Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der japanische Rundfunksender NHK dreht momentan einen Dokumentarfilm über Stuttgart, seine Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Spezialitäten – unter anderem über die Lorenzstaffel und ein Strickcafé.

Stuttgart - Marianne Steinbacher ist sichtlich nervös. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass man Teil eines japanischen Fernseherbeitrags werden soll. „Es ist wirklich toll, dass uns als Strickcafé diese Aufmerksamkeit geschenkt wird.“ Tatsächlich: Vor rund vier Wochen bekamen die Frauen von Mariannes Strick-und Spielcafé in Stuttgart-Mitte eine Interviewanfrage des öffentlich-rechtlichen Senders Nippon Hoso Kyokai (NHK) aus Shibuya, einem Stadtteil von Tokio. Man wäre gerade an der Planung eines Beitrags über Stuttgart und habe dabei von den Stäffele und dem sogenannten „Yarn Bombing“ des Strickcafés erfahren.

Straßenlaternen und Geländer mit Strickereien aufhübschen

„Yarn Bombing“ ist eine Form von Kunst im öffentlichen Raum, bei der Gegenstände wie Straßenlaternen oder Geländer durch Strickereien optisch aufgehübscht werden. Steinbacher und ihre Mitstreiterinnen sind vor einigen Jahren durch Zufall auf diese Form der Guerilla-Kunst gestoßen und verkleiden seitdem die Lorenzstaffel bei den Gemeinderäumen der evangelischen Kirche mit bunten Wollbahnen, Girlanden und Wimpeln. Die vielen Farben und die unterschiedlichen Muster der Strickereien sollen die Stäffele und damit das Stadtbild allgemein verschönern, so Steinbacher.

„Wenn Kinder unsere Strickereien sehen, gehen sie vielleicht unbeschwerter durch die Stadt und die Erwachsenen kommen darüber ins Gespräch.“, sagt die 69-Jährige lächelnd. Letztlich sei ein Beitrag wie für das japanische TV auch eine Art Anerkennung und Bestätigung dafür, was sie im Strickcafé leisten würden. „Schließlich sitzt man ja auch bis zu einer Woche oder länger an einer einzigen Girlande“, merkt eine der Frauen des Cafés an. Es gehe bei ihnen aber vor allem um den generationenübergreifenden Spaß am Stricken.

Japanische Sender NHK ähnelt dem deutschen ZDF

Das Team des Auslanddienstes NHK World hat sich mittlerweile auf den Stufen der Staffel positioniert und macht Aufnahmen der farbenfrohen Szenerie zwischen Stäffele und Kinderspielplatz. Der TV-Beitrag wird etwa eine Stunde lang und dabei acht oder neun Besonderheiten Stuttgarts porträtieren. Darunter auch kulinarische Spezialitäten wie etwa die Maultasche to go, sagt Kento Tamakoshi. Der gebürtige Japaner, der für NHK in Deutschland lebt und arbeitet, ist für die Koordination und die Recherche rund um den Beitrag verantwortlich. Der Fernsehersender NHK ist mit dem ZDF in Deutschland vergleichbar, da er sich als einziger japanischer Sender aus öffentlichen Mitteln finanzier.

Stäffele beliebt bei Japanern

Die Arbeiten des Strickcafés sollen dabei stellvertretend die rund 400 Stuttgarter Stäffele porträtieren, die in Japan auf großes Interesse stoßen würden, so Tamakoshi. Ähnliche Sendungen gab es auch schon über andere deutsche Städte wie etwa Regensburg. Der Beitrag über Stuttgart soll am 15. Januar ausgestrahlt werden.

Nach den Dreharbeiten bedankt sich das vierköpfige Filmteam bei allen Beteiligten mit einer freundlichen Verbeugung. Man müsse jetzt jedoch auch schon weiter. Nach den Stäffele stünden nun noch Weißwürste aus Marzipan als Spezialität auf der Agenda, die es tatsächlich in Stuttgarter Konditoreien gibt.