Jan Delay hat Stuttgart gezeigt, wie man stilvoll die Hüften schwingt. Foto: Veranstalter

Am Freitagabend hat Jan Delay mit seiner Band Disko No. 1 6000 Fans begeistert. Fotos sehen Sie hier!

Stuttgart - Während sich Das Bo noch allein auf der Bühne abmüht, das Publikum in der Schleyerhalle in Stimmung zu rappen, posiert Jan Delay mit seiner Band am Hintereingang gerade vor einem Polizeiauto. Für einen bizarren Augenblick blitzt in dem tristen Industriehof Glamour auf. Dann bedankt sich der Fotograf aber auch schon, und die Band flieht in die Geborgenheit des Backstagebereichs.

Bilder vom Konzert

"Ja diese funkelnde und aufregende Glitzerwelt zieht alle in den Bann von Düsseldorf bis Bitterfeld", wird Jan Delay wenig später auf der Bühne singen, auf die er in seinem Maßanzug in Blasstürkis besser passt als in irgendeinen Hinterhof. Ein bisschen überhastet gerät zwar der Beginn des Konzerts, die Gitarre zuckt ein wenig zu nervös, der Beat klingt zunächst etwas arg atemlos. Doch bald schon findet der Mann aus Hamburg-Eppendorf zu seinem Groove. Und spätestens wenn Delay gegen 23 Uhr das Konzert mit einem Medley aus Technotronics "Pump Up The Jam" und Deichkinds "Remmidemmi" und Nenas zartem "Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann" vorerst beendet, steht für 6000 Besucher fest, dass sie an diesem Freitagabend eine fantastische Party erlebt haben.

Das finden die Besucher stylisch

Allerdings ist nach diesem offiziellen Ende die Fete noch lange nicht wirklich vorbei. Weil das Konzert in Stuttgart für ein Livealbum mitgeschnitten wird, aber einige Songs nicht ganz so geklappt haben wie es sich Delay wünscht, werden im Anschluss ans eigentliche Konzert einige Songs einfach noch einmal gespielt. Erst nach halb zwölf ist wirklich Schluss.

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Davor hat der 33-Jährige zur funky herumwütenden Gitarre in der Coverversion von Cameos "Word Up" den Fans beigebracht, wie man stilvoll mit dem Hintern wackelt, er hat MC Hammers "U Can't Touch This" für ulkige Partyspiele missbraucht und das Publikum nicht nur musikalisch prächtig unterhalten.

"Ich sag mal so: Gegen Barcelona darf man ruhig auch mal verlieren", tröstet er zum Beispiel VfB-Fans, macht sich über Oettingers Englisch lustig und ärgert sich darüber, dass die Hip-Hop-Open dieses Jahr nicht in Stuttgart stattfinden können. Der Song dazu heißt "Abschlussball", in dem sich Delay überzeugend als Prince-Nachahmungstäter verdingt. "Disco! Disco! Disco!" skandiert er später ausgelassen, bevor er in "Überdosis Fremdscham" den Gesang an seine charmanten Backgroundsängerinnen übergibt.

Das finden die Besucher stylisch

Immer wieder bedient sich Delay versiert geborgten Melodien. Und wenn wir richtig hingehört haben, hat er in ein Medley aus "Everybody" von den Backstreet Boys und "This Is How We Do It" von Montell Jordan ein paar Takte lang "Bring It Back" von den Fantastischen Vier engeschmuggelt. Aber so genau weiß man das nie, so schnell wie Delay mit Verweisen und Anspielungen herumwirbelt, Reggae, Pop, Hip-Hop, Soul, Funk und Rock durcheinander bringt und sich nur auf seine eigene Stilsicherheit festlegen lässt. Mal kommt "Ahn ich gar nicht" wie eine robuste Oldschool-Funkrock-Nummer daher, mal wagt sich Delay in "Hoffnung" an eine großangelegte Breitwandballade heran, mal erklärt er in "Disko" seine Liebe zur Tanzmusik der 1970er Jahre. Und auch ohne sich im Kreis drehende Discokugel, ohne die knallbunt durch die Halle taumelnden Scheinwerfer, würde die Musik von Jan Delay im Dunkeln in allen Regenbogenfarben glitzern, funkeln und leuchten.

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Wie die Antwort der Generation Praktikum auf James Last spielt er den Grandseigneur des Pop, liebt Posen, lässt feiern und dreht vor den Zugaben mit einer überdreht twistenden Version von "Oh Jonny" noch einmal kräftig an der Partyschraube. Und auch wenn er sich in der Rolle des Snobs, des selbstgefälligen Schnösels gefällt, von dem er auch in "Large" singt, ordnet er sich doch immer wieder gerne seiner ausgezeichneten Band unter, lässt sich bereitwillig von seinen verblüffend präzise agierenden Bläsern regelmäßig die Show stehlen,

Das finden die Besucher stylisch

So also klingt Tanzmusik im Jahr 2010. Vergesst James Lasts "Nonstop Dancing"! Von nun an ist dieser Junge vom Bahnhof Soul, der sich Jan Delay nennt, Alleinherrscher auf allen Tanzflächen.