Herbert Landolin Müller sieht den Dialog mit Milli Görüş kritisch. Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Herbert Landolin Müller vom Landesamt für Verfassungsschutz sieht auch in Nürtingen islamistische Kräfte am Werk.

Nürtingen - Was tun, wenn Vertreter der Mevlana-Moschee Stadträte zum Dialog einladen, etwa bei einem Tag der offenen Tür? Diese Frage wurde im Nürtinger Kulturausschuss Herbert Landolin Müller gestellt. Der Islamismus-Fachmann des Landesamts für Verfassungsschutzes berichtete im Ausschuss speziell über die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), unter deren Dach sich auch die Nürtinger Mevlana Moschee befindet. Müllers Position ist eindeutig. Er rät Kommunalpolitikern, kritische Distanz zu wahren.

Mandatsträger sollen klare Kante zeigen

Die IGMG steht schon seit langem unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, weil dieser eindeutig verfassungsfeindliche Tendenzen erkennt. „Während die Organisation nach außen hin dialogorientiert auftritt, ist sie – ihrem Wesenskern entsprechend – in starkem Maß auf die muslimische Weltgemeinschaft hin ausgerichtet“, heißt es im jüngsten Verfassungsschutzbericht des Landesamts.

Bei Einladungen empfehle er, so Herbert Landolin Müller, „nur die dritte oder vierte Garde des Rathauses“ zu schicken. „Als Mandatsträger sollten Sie die Kontakte so halte, dass nicht der Eindruck entsteht, als würden Sie die IGMG fördern“, sagte Müller im Ausschuss. Es gelte, klare Kante zu zeigen nach dem Motto: „Ihr müsst euch umorientieren, nicht nur an die verfassungsmäßige Ordnung halten, sondern sie auch leben.“

In Nürtingen schlägt nicht das Herz von Milli Görüş

Milli Görüş halte sich zwar formal an die Gesetze, doch innerhalb der Organisation würden islamistische Inhalte transportiert, so die Erkenntnis des Verfassungsschutzes. Geschaffen werden soll eine „gerechte Ordnung“ auf Grundlage des Islams. Als „nichtig“ erachtete politische Systeme sollen abgelöst werden.

Zur IGMG gehören in Baden-Württemberg rund 60 Moscheevereine. Regionalzentralen befinden sich in Stuttgart, Ulm und Villingen-Schwenningen. In Nürtingen schlage zwar nicht das Herz von Milli Görüş, doch es gebe „eine gut funktionierende Moschee“, so Müller. „Sie werden nicht die großen Ideologen in Nürtingen finden, aber die Biedermeier, die den Brandstiftern helfen, den Laden am Laufen zu halten“ – beispielsweise durch Spenden und indem Kinder und Jugendliche bei der Stange gehalten würden.

Sechs Konfessionen bekennen sich zum Grundgesetz

In die Schlagzeilen geraten war die Nürtinger Mevlana-Moschee vor knapp zwei Jahren, nachdem dort ein Politiker der „Partei der Glückseligkeit“ (Saadet Partisi) aufgetreten war, die sich die Abkehr von Europa und die Hinwendung zum Islam auf die Fahne geschrieben hat.

Der Nürtinger Moscheeverein indessen bestritt damals radikale Tendenzen in der Tiefenbachstraße. Indessen wurde in Nürtingen ein interreligiöser Dialog zwischen sechs Konfessionen – darunter die Kirchen und auch die Mevlana-Moschee – angestoßen, der in ein von allen Beteiligten unterzeichnetes Grundlagenpapier mündete. Darin findet sich auch ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Verfassungsordnung des Grundgesetzes.