Die Schauspielerin und "Prenzlschwäbin", Bärbel Stolz. Foto: dpa

Berlin und die Schwaben - eine Liebe ist das nicht gerade. Erst gab es Schrippen-Streit im Prenzlauer Berg. Jetzt lachen die Prenzlschwaben über sich selbst. Eine intelligente Antwort auf den "Spätzle-Krieg".

Berlin - Weckle oder Schrippen, darüber streitet keiner mehr. Mitten im Weckle-Land, im Berliner Schwaben-Kiez Prenzlauer Berg, floriert das Café „Schrippenschuster“. „Und mein Sohn, der sagt einfach Brötchen“, meint Bärbel Stolz gespielt empört. Trotzdem flackern sie immer wieder auf, diese Scharmützel zwischen Eingeborenen und Zugezogenen, über „Schwabylon“ und Spießertum, Schwaben und Berliner. Jetzt ist das Ländle am Zug. Genauer: Die Prenzlschwäbin.

Selbstironisch zeichnet Schauspielerin Bärbel Stolz („Türkisch für Anfänger“, „Fack ju Göhte“) in kleinen Videos ein Leben zwischen Sojamilch, Lavendel-Hibiskus-Eis und Dinkelstangen. Mit Kindern wie Xenia-Adelheid und Wikipedia, die „auf d’Rutsche brunze“ (auf die Rutsche pinkeln). Mit schwäbischer Sparsamkeit, Bio-Bratwurst und Schoko-Weihnachtsmann-Wiederverwertung zu Ostern. Berliner Kinder in der Kita - „gibt’s des noch?“

Mehr als eine Million Mal wurde der beliebteste Sketch „Shit Prenzlschwaben Say“ in einer Woche auf Facebook und Youtube angeklickt. Mehr als 20 Clips hat Stolz in einem Jahr hochgeladen - vom Integrationskurs für Schwaben bis zur Tupperparty.

„Ich merke, dass ich ganz viel mein eigenes Klischee bin“, sagt die 37-Jährige. Sie stammt aus Esslingen am Neckar, lebt seit 1996 in Berlin. „Da war der Prenzlberg noch rough.“ Jetzt geht sie zum Ökosupermarkt. Roter Kinderwagen, grüner Tee. Eine echte Prenzlschwäbin. Den Dialekt jedoch holt sie nur noch zum Videodreh raus. „Das Schwäbisch hab ich mir abtrainiert.“

Der Prenzlauer Berg ist kein Schwabylon

Das kann in der Hauptstadt manchmal auch sicherer sein. Denn Zugezogene aus dem Ländle sind zum Sündenbock geworden für steigende Mieten und Gentrifizierung, den Wandel des Prenzlbergs vom alternativen Szeneviertel zur rausgeputzten Heimat kinderwagenschiebender Bionade-Eltern. Es gab böse Graffiti, Spätzle-Attacken auf Denkmäler, Promi-Sprüche, danach Friedensessen. Doch gelöst ist der Konflikt nicht.

Die Videos der Prenzlschwäbin dürften nun selbst eingefleischte Schwabenhasser milder stimmen. Denn die Schwaben beweisen, dass sie über sich selbst lachen können.

Außerdem, meint Stolz, erfüllten die Prenzlschwaben in Berlin kaum die üblichen Klischees. Von wegen Geiz? Ökoklamotten und Latte-Macchiato sind teuer. Schwäbische Restaurants sucht man im Kiez auch vergeblich. „Hier geht man lieber japanisch essen“, sagt die Schauspielerin. Spätzle schabten die Schwaben-Mütter ohnehin selbst.

Der Prenzlauer Berg, das sei kein Schwabylon, sondern eher „ein bisschen selbstgebautes Bullerbü mit Startup-Hipstern“, beschreibt Stolz. Bei den Schwaben daheim, das zeigen die Kommentare im Netz, kommen die selbstironisch-überspitzten Videos trotzdem an. So mancher Berliner dagegen, erzählt Stolz, fühle sich angegriffen. „Dabei kommen im Video gar keine Berliner vor.“