Ireen Sheer ist seit 50 Jahren im Schlagergeschäft und hält wenig von den heutigen Talentshows. Foto: dpa

Als Megastar sieht sie sich nicht. Ireen Sheer pflegt lieber ihre Nische im Schlagergeschäft und singt auf allen erdenklichen Bühnen. Zum 70. Geburtstag am 25. Februar 2019 wird es nicht ruhiger.

Berlin - Ireen Sheer macht klare Ansagen. Etwa: Der Brexit nervt und macht sie „fix und fertig“. Oder: Sie könne mehr als Schlager, ihr Gesang sei vielseitig, das habe sie immer wieder gezeigt. Vor allem aber: „Ich muss mir nichts mehr beweisen.“ Dieser Satz aus einem Gespräch mit ihrem Produzenten hat der Britin gut gefallen. Sie hat gleich ihr neues, am 22. Februar 2019 erschienenes Album so benannt. Seit 50 Jahren steht Sheer („Goodbye Mama“) als Profi auf der Bühne, am 25. Februar wird die Wahl-Berlinerin 70 Jahre alt.

Eine Talentshow der britischen BBC markierte den Startpunkt. Mit zwölf Jahren landete Ireen Wooldridge auf dem ersten Platz. „Das war für mich ein Schlüsselerlebnis, auf diese Bühne zu gehen und zu gewinnen“, erzählt sie. Es folgen Theaterschule, Gesangsunterricht - und eine Banklehre.

Nie ein Abriss

Für die zahlreichen TV-Talentshows von heute hat sie nicht viel übrig. „Die Künstler erhoffen sich so viel“, würden andere Pläne oder Ausbildungen aufgeben, „aber dann kommt nicht immer der große Durchbruch“. Sheer weiß um die Unterschiede: „Die Zeiten haben sich seit Ende der 1960er Jahre geändert. Alles ist viel schnelllebiger.“

Sie selbst hat all die Jahrzehnte ohne großen Karriereknick überstanden. „Eigentlich hatte ich von dem Moment an, als ich angefangen habe, bis heute immer viel zu tun.“ In Zeiten, als es für die Schallplattenindustrie mit Schlagern nicht so gut gelaufen sei, habe sie etwa mit Bigbands viele Auftritte gehabt. „Das war eigentlich für mich immer das Wichtigste: auf die Bühne zu gehen und zu entertainen. Da gab es nie einen Abriss.“

Eine andere Liga

„Ich hatte immer meine Nische“, sagt Sheer. Ihr Bereich sei die Mittel- bis Oberklasse. „Megastars sind da eine ganz andere Liga“, meint sie mit Hinweis etwa auf Helene Fischer. „Aber man muss 50 Jahre erst mal bestehen, und das habe ich auch. Wenn es gar nicht gelaufen wäre, dann säße ich wahrscheinlich jetzt zu Hause und würde etwas anderes machen.“

In ihrer Karriere hat Ireen Sheer auf Schlager und Viervierteltakt gesetzt. Doch daneben gab es auch Balladen, Pop oder Rock ’n’ Roll. Und manchmal auch Veränderung mitten im Song. Auf alten TV-Aufnahmen kann man sehen, wie die mehrfachen Tempowechsel ihres wohl größten Hits „Goodbye Mama“ das Taktgefühl mitklatschender Zuschauer der „Hitparade“ mächtig auf die Probe stellen.

Alte Hits neu interpretiert

Ihr neues Album interpretiert sie als „kleines Geschenk an meine Fans“. Einige „Eckpfeiler“ habe sie dafür frisch eingespielt. So finden sich neue Versionen von „Goodbye Mama“, „Tennessee Waltz“, „Heut’ Abend hab ich Kopfweh“ oder „Xanadu“, das sie mit Ross Antony eingesungen hat.

Die in Romford, nordöstlich von London geborene Sheer ist seit 2010 mit ihrem Manager Klaus-Jürgen Kahl verheiratet. Seit drei Jahren lebt sie in Berlin, wo sie sich auf anstehende Tourneen vorbereitet.

Dabei verliert sie ihre alte Heimat nicht aus dem Blick, auch ihr Bruder lebt mit Familie weiter in England. Die Brexit-Debatte verfolgt sie intensiv. Vielleicht beantragt sie noch die deutsche Staatsbürgerschaft, bis heute hat sie nur den britischen Pass. „Es gehört einfach zu mir“, sagt Sheer. Sie sei in England aufgewachsen und habe 24 Jahre dort gelebt. „Das ist ein Teil meines Herzens, und der andere Teil schlägt für Deutschland.“