Til Schweiger und Matthias Schweighöfer in „Hot Dog“ Foto: dpa/Warner Bros. Ent.

In Torsten Künstlers Komödie „Hot Dog“ treffen mit Til Schweiger und Matthias Schweighöfer zwei Schauspieler aufeinander, die beide auch Filmemacher sind. Ein Gespräch über den gemeinsamen Film, gegenseitige Konkurrenz und die Metoo-Debatte.

Stuttgart - Til Schweiger (54) als beinharter Ermittler mit Autoritätsproblemen, der dem fiktiven Sondereinsatzkommando „GSG-10“ angehört, Matthias Schweighöfer (36) als regelversessener Verwalter der Waffenkammer, der die harten Jungs von ferne bewundert: Aus den gegensätzlichen Figuren und Charakteren der Schauspieler bezieht der Film „Hot Dog“ Reiz und Sprengkraft.

Herr Schweiger, Herr Schweighöfer, in „Hot Dog“ ist Til Schweiger einmal mehr der coole Typ und Matthias Schweighöfer der Nerd. Könnte die Besetzung auch andersherum funktionieren?
Til Schweiger: Wahrscheinlich nicht so gut. Man weiß aus der Marktforschung, dass der Zuschauer seinen Star nur in seiner gewohnten Rolle sehen möchte. Es gibt ja auch hunderttausend Beispiele, die das belegen. Bei „Twins“ wäre auch niemand auf die Idee kommen, dass Danny DeVito den Bruder spielt, dem alles gelingt, während Schwarzenegger der zu kurz Gekommene ist. So eine Verteilung wäre bestimmt mal interessant. Aber es geht um viel zu viel Geld, um das Experiment zu wagen, mich als Nerd und Matthias als den Tough Guy zu zeigen.
Was hat der eine von Ihnen, das der andere nicht hat?
Matthias Schweighöfer: Ich habe leider nicht Tils Aussehen. Aber wir beide können gut Verantwortung tragen. Was das Filmische anbetrifft, hat Til das bessere Auge für die Kamera. Das kann ich nicht so gut. Dafür kann ich singen.
Bedeutet doppelte Starpower automatisch auch doppelten Erfolg?
T. S.: Nicht zwangsläufig, das hat man ja bei „Vier gegen die Bank“ gesehen. Da waren sogar vier Stars am Werk. Der Film war lange nicht so erfolgreich, wie es sich der Verleih vorgestellt hatte. Im Endeffekt geht es immer darum, ob die Leute die Geschichte annehmen oder nicht.
Herr Schweiger, in „Hot Dog“ spielt auch Ihre Tochter Lilli mit, die bisher selten vor der Kamera stand. Wie kam es dazu?
T. S.: Sie hat gesagt, dass sie das möchte, das hat mich selbst überrascht. Vorher wollte sie das nicht. Lilli hat in „Keinohrhasen“ eine kleine Rolle gespielt. Als sie den Film gesehen hat, musste sie feststellen, dass ihre kleine Schwester Emma eine viel größere Rolle hatte als sie. Das fand sie nicht so lustig. Also habe ich ihr versprochen, dass ihr Auftritt in der Fortsetzung gleich groß ausfallen wird. Dazu kam es nicht. Lilli wollte lieber ein Jahr in Amerika zur Schule gehen und dort bei ihren Großeltern wohnen. Sie hatte den Entschluss gefasst, lieber privat zu bleiben und nicht so bekannt zu werden wie ihre Schwester. Kurz vor „Hot Dog“ hat sie aus dem Nichts heraus den Wunsch geäußert, es noch einmal zu versuchen.
Wie schwierig ist es, Zeit für sein Familienleben freizuschaufeln, wenn der berufliche Erfolg einsetzt?
M. S.: Wir sind ja beide keine „One Hit Wonder“, sondern wir haben stetig am Erfolg gearbeitet. Die Menschen in unserem Umfeld sind alle mit dem groß geworden, was wir beruflich machen. Und mit der Öffentlichkeit. Sie haben auch unsere schwierigen Phasen miterlebt. Durch Til und die „Keinohrhasen“ habe ich zum ersten Mal kapiert, dass ich gar nicht auf Drehbücher warten muss. Man kann auch Filme selbst so durchziehen, wie man es gerne möchte. Vorher hatte ich Phasen, in denen ich acht oder neun Monate nicht gearbeitet habe. Und ich habe Kollegen in Rollen erlebt, die ich selbst gern gespielt hätte. Ohne die Erfahrung mit Til hätte ich all das nicht, was ich mir aufgebaut habe.
T. S.: Familie und Freundschaft waren für mich immer das Wichtigste. Wenn man sehr viel arbeitet, ist der Kollateralschaden natürlich, dass einem viel Qualitätszeit mit der Familie verloren geht. Umso schöner ist es, wenn ich bei „Honig im Kopf“ viel Zeit mit Emma verbringen kann oder jetzt mit Lilli bei „Klassentreffen“ (Anm.: Kinostart am 20.09.2018).
Sind Sie auch Konkurrenten?
T. S.: Nee, Konkurrenz gibt es zwischen uns nicht. Wir haben ein ganz anderes Spielalter, und wir konkurrieren nicht um dieselben Rollen. Aber auch bei Schauspielern, die im selben Rollenfach liegen, wie zum Beispiel Wotan Wilke Möhring, gehen mir Konkurrenzgefühle ab. Das wird nur von außen projiziert. Es liegt ein bisschen in der deutschen Mentalität, etwas Negatives zu suchen. Da muss es doch Probleme geben, da müssen doch Neid und Eifersucht sein! Aber ich bin per se kein neidischer Mensch. Und auch nicht eifersüchtig.
M. S.: Ich finde es immer wichtig, die anderen zu unterstützen. Wenn es für sie gut läuft, ist das für die ganze Industrie super.
Für die Filmindustrie sind die Enthüllungen im Zuge der „Metoo“-Kampagne mit einem großen Imageverlust verbunden. Haben Sie hierzulande nie von Missbrauch gehört?
T. S.: Sie können mir wirklich glauben, dass ich etwas sagen würde, wenn ich davon erführe, dass hier in Deutschland etwas Derartiges passiert ist. Dass ich nichts davon weiß, bedeutet aber nicht, dass es das nicht gibt. Am schlimmsten finde ich in dieser Debatte die Stimmen, die sich darüber echauffieren, dass man einen verdienten Schauspieler wie Kevin Spacey so auseinandernimmt. Diese Leute machen sich keine Gedanken darüber, was dieser Mann gemacht hat! Bei Harvey Weinstein waren sich noch alle darüber einig, dass er ein Drecksack ist. Vor einiger Zeit hat die Deutsche Filmakademie eine Amnestie für Roman Polanski gefordert. Ich habe das nicht unterschrieben, weil es ja bewiesen ist, was er getan hat. Er ist nie dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Ich habe die ganze Sache intensiv verfolgt. Die „New York Times“ hat das System Weinstein aufgedeckt. Es war eben nicht Weinsteins Bruder Bob, der alles an die Öffentlichkeit gebracht hat. Er hat sogar die ganzen Schweigegelder bezahlt. Die Agenturen haben davon gewusst. Wenn sich die Schauspieler an die Agenturen gewandt und gesagt haben, der Typ hat mich vergewaltigt, dann hieß es: „Pass mal auf, nimm die Kohle hier. Wenn das rauskommt, ist deine Karriere vorbei und die von dem auch. Und uns entsteht ein riesiger Schaden. Also halt die Fresse!“.
M. S.: Ich fand es unglaublich, was da aufgedeckt wurde. Diese Brutalität, gerade in Amerika. Harvey Weinstein konnte alles zerstören, was sich andere für Ideen für einen Film gemacht haben. Aber so etwas beschränkt sich nicht nur auf die Filmindustrie, das gibt es überall. Ich würde auch nicht ausschließen, dass es Frauen in Machtpositionen gibt, die ähnlich handeln.
T. S.: Ja, aber wahrscheinlich nicht in dem Maße. Das Problem tritt überall dort auf, wo Menschen überproportional Macht haben und über Abhängigkeitsverhältnisse verfügen.
Sie selbst verfügen hierzulande auch über Macht. Ist das nicht verführerisch?
T. S.: So bin ich nicht auf die Welt gekommen. Es gibt Menschen, die werden so geboren und denken, das ist in Ordnung. Sie haben keine Empathie und leben in ihrer eigenen Welt. Sie denken, das steht ihnen zu. Vielleicht haben sie in ihrer Selbstwahrnehmung lang genug gelitten. Und jetzt fühlen sie ihre Zeit gekommen und können das, was ihnen selbst widerfahren ist, auf andere projiziereren.
Was würden Sie beide tun, wenn Sie einen Tag lang der jeweils andere sein könnten?
M. S.: Ich würde auf jeden Fall in Tils Restaurant gehen und gucken, wie es ist, wenn ich einfach alles essen könnte, ohne zu bezahlen. Und dann würde ich mich nach Mallorca einladen. Ich war noch nie dort und ich kenne Tils Haus leider nicht.
T. S.: Ich würde singen, um zu sehen, wie es sich anfühlt, wenn man das kann. Und dann würde ich auf Matthias’ Weingut fahren und dort ganz viele Schädlinge aussetzen, damit seine Ernte in den Sack geht und die Konkurrenz jubelt. So Harvey-Weinstein-mäßig, der erfolgreiche Festivalfilme eingekauft hat, um sie im Keller verrotten zu lassen und so die eigenen Oscar-Chancen zu erhöhen.
Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt? War es Liebe auf den ersten Blick?
M. S.: Ich bin Til zum ersten Mal begegnet, als er auf Kino-Tour in Chemnitz war. Ich habe eine Unterschrift von ihm gewollt, auf ein Plakat von „Knockin’ on Heaven’s Door“. Das ging so: „Wie heißt Du?“ - „Matthias.“ – „Danke!“. Von da an war es Liebe auf den ersten Blick! Später sind wir uns nochmal auf einer Hugo-Boss-Party in Stockholm über den Weg gelaufen. Und bei „Der Rote Baron“ haben wir zum ersten Mal gemeinsam gedreht und uns wirklich kennengelernt.